rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des § 22 KStG bei Arbeitnehmerproduktivgenossenschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter Mitgliedergeschäfte i.S. des § 22 Abs. 1 KStG fallen nur solche Geschäfte, bei denen die Mitglieder der Genossenschaft unternehmerisch gegenübertreten. Mitgliedergeschäfte liegen nicht vor, wenn die Genossen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen Leistungen an die Genossenschaft erbringen.

2. Nachzahlungen einer Arbeitnehmerproduktivgenossenschaft an ihre Mitglieder, bei deren Bemessung auf den Arbeitslohn der Mitglieder im Verhältnis zu dem der Nichtmitglieder abgestellt worden ist, fallen nicht unter § 22 Abs. 1 Satz 1 KStG 1996, sondern stellen verdeckte Gewinnausschüttungen der Genossenschaft an ihre Mitglieder i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dar.

3. Kapitalgesellschaften haben nach der Rechtsprechung des BFH keine außerbetriebliche Sphäre. Dieser Grundsatz gilt auch für eingetragene Genossenschaften.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 2 S. 3, § 22 Abs. 1 S. 1; GenG § 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.06.2007; Aktenzeichen I R 37/06)

BFH (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen I R 37/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die von der Klägerin an ihre Mitglieder gezahlten sog. genossenschaftlichen Rückvergütungen nach § 22 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als Betriebsausgaben abziehbar sind.

Die Klägerin ist eine eingetragene Genossenschaft (e. G.), die durch Umwandlung der ehemaligen LPG „X” A-Stadt entstanden ist. Die Mitglieder sind als Arbeitnehmer in der Genossenschaft tätig. Sie unterhalten daneben keine eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Nach § 2 der Satzung vom 19. April 1991 bildete zunächst die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb den Zweck der Genossenschaft. Unternehmensgegenstand war die gemeinschaftliche Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse sowie deren Absatz. Durch Beschluss der Generalversammlung vom 5. Mai 1997 ist die Satzung in § 2 (Zweck und Gegenstand) neben anderen Punkten wie folgt geändert bzw. ergänzt worden: § 2 Abs. 1: Zweck der Genossenschaft ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder. § 2 Abs. 2: Gegenstand des Unternehmens ist

  1. die Erhaltung, Schaffung, Ausgestaltung und Entwicklung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum verbunden der bestmöglichen erwerbswirtschaftlichen Verwertung der von Mitgliedern bereit gestellten Arbeitskraft;
  2. die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte, deren Bearbeitung, Verarbeitung und Vermarktung;

Bei einer im Jahr 1999 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass das Unternehmen ab dem Jahr 1996 an die Genossenschaftsmitglieder neben dem Arbeitslohn auch Beiträge gewährt hatte, die als Rückvergütungen bezeichnet waren. Bemessungsgrundlage für diese Zahlungen war der Lohn der Mitglieder im Verhältnis zu den Nichtmitgliedern.

Der Beklagte sah darin verdeckte Gewinnausschüttungen

  • für das Jahr 1996 in Höhe von 96.767,00 DM
  • für das Jahr 1997 in Höhe von 94.311,00 DM und
  • für das Jahr 1998 in Höhe von 114.002,00 DM.

Mit Bescheiden vom 24. Juli 2000 änderte das Finanzamt die bis dahin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre. Es ergab sich u. a. eine Minderung der bisher ermittelten Verluste um die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen.

Im Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin die Ansicht, dass die gezahlten Vergütungen als Rückvergütungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) als Betriebsausgaben abziehbar seien, weil die dafür verwendeten Beträge im Mitgliedergeschäft erwirtschaftet worden seien. Zu den Mitgliedergeschäften der Klägerin gehöre nach deren Satzung die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder. Die wirtschaftliche Förderung bei einer Produktivgenossenschaft könne nur dergestalt sein, dass von den Mitgliedern Arbeitsmittel (Pachtflächen) und/oder ihre Arbeitskraft genutzt würden, so dass diese von der Alternative, dem selbstständigen Betrieb eines eigenen landwirtschaftlichen Einzelunternehmens Abstand nähmen. Hier würden die Mitglieder der Agrargenossenschaft durch die Inanspruchnahme ihrer Arbeitsleistungen wirtschaftlich gefördert. Nach Abschnitt 66 Abs. 15 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 (KStR 1995) könnten derartige Genossenschaften den als Arbeitnehmern beschäftigten Mitgliedern Rückvergütungen gewähren. Die Höhe der auf das einzelne Mitglied entfallenden genossenschaftlichen Rückvergütung richte sich nach der Höhe des von ihm mit der Genossenschaft getätigten Umsatzes, analog für Produktivgenossenschaften somit nach der Höhe der vom Mitglied für die Genossenschaft getätigten Arbeitsleistungen.

Das Finanzamt folgte dieser Argumentation nicht und wies mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 2004 den Einspruch als unbegründet zurück. Es bezog sich auf ein Verfahren vor...

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