Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb eines unbebauten Areals, Planung eines großen Büro- und Geschäftshauses und Verkauf der Immobilie während der Rohbauphase als gewerbliche Tätigkeit einer GbR aufgrund Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit eines Bauträgers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erwirbt eine GbR ein 33600 qm großes Areal, um dort ein Büro- und Geschäftshaus mit einem Investitionsvolumen von weit über 20 Mio. DM zu errichten und zu vermieten, und wird die Immobilie rd. zweieinhalb Jahre später im Lauf der Rohbauphase, im Zeitpunkt des Abschlusses des Rohbaus des Erdgeschosses, veräußert, so ist von einer gewerblichen Veräußerung auszugehen, wenn sich die GbR nach dem Gesamtbild aller Umstände vor und auch nach dem Verkauf ähnlich einem Bauträger verhalten hat. Der frühe Verkaufszeitpunkt lässt den Schluss zu, dass die GbR trotz ihrer Vermietungsabsicht von Anfang an zumindest eine bedingte Veräußerungsabsicht hatte.

2. Es spricht für eine gewerbliche Bautätigkeit, wenn u.a.

  • das Bauvorhaben fast ausschließlich fremdfinanziert und nur kurzfristig bis zur voraussichtlichen Fertigstellung vorfinanziert worden ist,
  • die GbR zumindest ab dem Zeitpunkt des Verkaufs für die Erwerberin die Baubetreuuung und sämtliche Bauabnahmen übernommen und, soweit noch keine Mietverträge geschlossen waren, sich verpflichtet hat, entsprechend den Wünschen der zukünftigen Mieter die Ausbaumaßnahmen vorzunehmen und eventuell die Planungen für die konkreten Mietobjekte zu ändern,
  • die GbR sich faktisch verpflichtet hat, die Immobilie vollständig vermietet zu übergeben, und wie ein Bauträger die Gewährleistung gegenüber der Käuferin übernommen hat, und
  • die GbR die Käuferin von den beim Grundstückskauf gegenüber der Treuhandanstalt übernommenen Investitions- und Arbeitsplatzgarantien freigestellt hat.
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, 1 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen IV R 10/08)

BFH (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen IV R 10/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Veräußerung nur eines großen Bürogebäudes während der Bauphase eine gewerbliche Grundstücksveräußerung darstellt.

Die Klägerin ist eine aus den Beteiligten Herrn X (X – ursprünglich 70 %, ab dem 30. November 1993 91,5 % Beteiligung) und Herrn Y (Y – ursprünglich 30 % Beteiligung, ab dem 30. November 1993 8,5 %) seit dem Jahr 1992 bestehende Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), deren gemeinsamer Zweck in der Errichtung und Vermietung eines Büroobjektes bestand. X sollte nach dem Anteilsübertragungsvertrag vom 30. November 1993 die Gesamtvermietung des Gebäudes übernehmen, den Bau betreuen und die Verwaltung des Objektes übernehmen. In diesem Vertrag stellten X und Y nochmals klar, dass die GbR ausschließlich dem Vertragszweck der Errichtung dieses Gebäudes für eine Fremdvermietung dienen solle.

Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 3. Februar 1992 von der Treuhandanstalt Berlin ein unbebautes Grundstück in A-Stadt, (Flurstücke 99 und 100) mit einer Größe von insgesamt 36.600 qm (künftig kurz: Grundstück). Der Kaufpreis betrug 2.013.000 DM. Im Kaufvertrag war eine Arbeitsplatz- und Investitionsklausel (§ 12) enthalten, wonach sich die Klägerin u. a. verpflichtete, bis 1995 mindestens 20 Mio. DM in das Grundstück zu investieren und diese Investition auf Dauer im Kaufgrundstück zu belassen sowie mindestens 40 Arbeitsplätze zu schaffen. Wegen der weiteren Regelung wird auf den Kaufvertrag in der Vertragsakte Bezug genommen.

Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich für den Senat für die Zeit nach Erwerb dieses Grundstückes folgender zeitlicher Geschehensablauf:

Am 2. August 1993 schloss die GbR mit dem Architekten, Herrn O, einen „Architektenvertrag zur Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplanes” bezüglich des oben erworbenen Grundstücks.

Ab Februar 1994 wurden bereits Mietverträge für das noch zu errichtende Objekt über den größten Teil der Büroräume, und hier vor allem der Mietvertrag vom 28. Februar 1994 mit dem Freistaat Thüringen, vertreten durch das Thüringer Ministerium für Soziales und Familie, abgeschlossen.

Am 13. Juni 1994 beantragte die GbR bei der Bayrischen Vereinsbank eine Zwischenfinanzierung für die Bauphase. In dem Schreiben deutete die Klägerin an, dass sie das Objekt im Eigenbestand halten wolle und nach der Bauphase mit einer Laufzeit zwischen 5 und 10 Jahren bei der Bayerischen Vereinsbank zu den gleichen Bedingungen wie weitere im Bau befindliche Finanzierungsprojekte in Arnstadt und Gera endfinanzieren wolle.

Am 14. Juni 1994 stellte das Architekturbüro W GmbH (kurz: WP) für die GbR einen Antrag auf Baugenehmigung bei der Stadt. Die Baugenehmigung wurde während der bereits laufenden Bauphase mit Verwaltungsakt vom 4. Oktober 1994 erteilt.

Am 20. Juni 1994 wurde der Generalunternehmervertrag (GUV) mit der Firma S GmbH (Generalunternehmerin, künftig...

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