Rz. 36

Bei der Einbringung von Wirtschaftsgütern in einen neu zu eröffnenden Betrieb entspricht es der Interessenlage des Steuerpflichtigen, den Teilwert nicht zu niedrig anzusetzen. Der Teilwertbegriff geht davon aus, dass ein Veräußerer und ein gedachter Erwerber eines gesamten Betriebs einen Preis aushandeln, in den die Preisvorstellungen sowohl des Veräußerers als auch des Erwerbers eingehen. Dieser Ausgangspunkt fehlt, wenn Wirtschaftsgüter auf einen Zeitpunkt bewertet werden sollen, in dem der Betrieb erst eröffnet wird. Die Legaldefinition des Teilwerts muss für diesen Fall entsprechend modifiziert werden. Der Teilwert eines Wirtschaftsguts, bezogen auf den Zeitpunkt der Eröffnung eines Betriebs, ist demnach derjenige Preis, den ein fremder Dritter für die Beschaffung des Wirtschaftsguts aufgewendet hätte, wenn er anstelle des Steuerpflichtigen den Betrieb eröffnet und fortgeführt hätte. Anstelle der sonst für den Teilwert maßgebenden Wiederbeschaffungskosten treten bei der Eröffnung eines Betriebs die Beschaffungskosten. Diese werden in der Regel mit dem Preis übereinstimmen, der auf dem Markt als Veräußerungspreis verlangt und erzielt wird (gemeiner Wert).[1]

 

Rz. 37

Nach Neugründungen und nach dem Erwerb von Betrieben und Beteiligungen wird in den ersten Jahren häufig die Gewinnzone nicht erreicht. In diesen Fällen schränkt der BFH die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung in nicht unbedenklicher Weise ein, sodass Substanzverluste, auch wenn sie wesentliche Teile des Eigenkapitals ergreifen, nicht in allen Fällen zu Teilwertabschreibungen führen. Der BFH verweist auf die Vermutung, dass der Teilwert den Anschaffungskosten entspricht, es sei denn, dass zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem Bilanzstichtag Umstände eingetreten sind, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, davon auszugehen, dass am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten unter den seinerzeit aufgewendeten Anschaffungskosten liegen. Als Indiz für das Vorliegen solcher Umstände lässt der BFH den Verlust eines großen Teils des Grund- oder Stammkapitals gelten, jedoch nur unter der erschwerenden Voraussetzung, dass "ein alsbaldiger Ausgleich dieses Verlustes im normalen Geschäftsbetrieb ausgeschlossen erscheint".[2]

 

Rz. 38

Diese Voraussetzung ist nicht gegeben mit der Folge, dass eine Teilwertabschreibung "für gewöhnlich" nicht gerechtfertigt ist bei sog. Anlaufverlusten neu gegründeter Unternehmen. Anlaufverluste liegen dann vor, wenn der Betrieb nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen voraussehbar in naher Zukunft nachhaltig mit Gewinn arbeiten wird.[3] Das Bestreben des BFH, den Begriff der Anlaufverluste möglichst eng einzugrenzen, ist erkennbar.

 

Rz. 39

Das Gleiche gilt für die Bewertung einer Beteiligung aus der Übernahme neuer Stammeinlagen bei Kapitalerhöhung zur Wiederherstellung der Rentabilität einer notleidenden Kapitalgesellschaft[4] und wenn zur Beseitigung von Verlusten und zur Erreichung einer künftigen Rentabilität der erworbenen Beteiligung neue Mittel zugeführt werden.[5]

 

Rz. 40

Hat der Steuerpflichtige beim Erwerb einer Beteiligung die bisherigen Verluste und Mängel gekannt, dann besteht eine (widerlegbare) Vermutung, dass der Preis der Beteiligung auch durch die positiven Zukunftsaussichten in Verbindung mit der Möglichkeit der Einflussnahme bestimmt ist,[6] also den Wiederbeschaffungskosten entspricht.

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