Bei der Bestimmung der Arbeitnehmerzahl sind alle verbundenen Unternehmen im Inland mitzurechnen. Der Gesetzgeber verweist hier auf die Legaldefinition aus § 15 AktG. Danach sind verbundene Unternehmen rechtlich selbstständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292 AktG) sind.

Bei der Auslegung von § 1 Abs. 3 LkSG stellt sich die Frage, ob das LkSG auch direkt auf Tochtergesellschaften anzuwenden ist. Ein Blick in die Begriffsbestimmungen von § 2 LkSG unterstützt die Lösung; so besagt nämlich § 2 Abs. 5 Nr. 1 LkSG, dass ›das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich‹ erfasst ist. § 2 Abs. 6 LkSG ergänzt, dass in verbundenen Unternehmen ›zum eigenen Geschäftsbereich der Obergesellschaft eine konzernangehörige Gesellschaft [gehört], wenn die Obergesellschaft auf die konzernangehörige Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausübt.‹ Die Berücksichtigung der Zielsetzung dieses Gesetzes lässt an dieser Stelle den Rückschluss zu, dass Tochtergesellschaften nicht separiert zu betrachten sind, ob das LkSG gemäß dem Kriterium der Mitarbeiterschwelle auf sie anzuwenden ist.[1] Im Gegenteil: Eine Obergesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf mindestens eine Tochtergesellschaft ausübt.[2] Ist dies der Fall, ist die Tochtergesellschaft Teil des Geschäftsbereichs der Obergesellschaft, und es gilt, die Mitarbeiterzahl der Obergesellschaft inkl. der verbundenen Unternehmen zu bestimmen.

Gemäß obiger Erläuterung fallen unter den Begriff der Obergesellschaft jedoch nicht nur ›klassische‹ Unternehmen, sondern auch Organisationen aus dem medizinischen und sozialen Bereich. Im medizinischen Bereich ist häufig zu beobachten, dass Kliniken in einem Verbund tätig sind und eine (gemeinnützige) GmbH als Obergesellschaft mit entsprechendem Einfluss vorangestellt haben. Ähnlich ist es bei Sozialverbänden zu beobachten – weniger auf Bundes- als vielmehr auf Landesebene. Die Sozialverbände auf Landesebene sind in Orts- und Kreisverbände ohne eigene Rechtsfähigkeit gegliedert.[3] Diese Orts- und Kreisverbände, die mit Altenheimen etc. häufig unternehmerisch tätig sind, erhalten demnach Weisung von den Landesverbänden, die besagten (un)mittelbar beherrschenden Einfluss auf sie ausüben.

Demnach können auch Organisationen dieser Sparten unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen, sofern sie die Schwelle von 1.000 Arbeitnehmern überschreiten.

Zweigniederlassungen im Inland weisen nach wie vor eine Abhängigkeit zum Unternehmen auf, selbst wenn eine gewisse Selbstständigkeit zu erkennen ist.

[1] Anderer Auffassung ist Dr. M. Passarge in ›Zum Anwendungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auf Konzerngesellschaften‹, in: Compliance-Berater, 9/2021, S. 332 ff.
[3] Vgl. § 11, Satzung des Sozialverbandes VdK Bayern e. V., in der vom 21. Ordentlichen Landesverbandstag von 15. bis 17.5.2019 beschlossenen Fassung.

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