Die Behandlung von Verlusten im Steuerrecht ist seit vielen Jahrzehnten ein immer noch sehr kontrovers diskutiertes, gesetzlich und gerichtlich strapaziertes und vor allem aus Unternehmenssicht hoch unerfreuliches Thema. Warum? Die Ursprünge des Steuerrechts waren noch von dem Leistungsfähigkeitsprinzip geprägt. D. h. Einkünfte oder Gewinne sind zu versteuern, Verluste (als negative Gewinne) abzugsfähig. Schließlich wird man kaum Unternehmen vorwerfen können, keine Gewinnerzielungsabsicht zu haben und absichtlich reale Verluste zu erzeugen. Sogar die OECD sieht sich mittlerweile genötigt, nochmals klarstellend festzuhalten, dass Unternehmen kein Interesse daran haben, unnötig Kosten zu verursachen und dass diese bestrebt sind, ihre konzerninternen Leistungen so effizient wie möglich zu erbringen[241]. Ausgehend vom Leistungsfähigkeitsprinzip sollten Einkünfte das zu versteuernde Einkommen erhöhen und Aufwendungen dieses reduzieren. Von diesem Grundsatz ist heute leider nicht viel übrig geblieben. Das deutsche Unternehmenssteuerrecht ist mittlerweile von Vorschriften durchsetzt, die die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen und auch die Nutzung von Verlusten/Verlustvorträgen erheblich einschränkt. Der Gesetzgeber und auch die Finanzverwaltung trennen somit zwischen "guten Gewinnen" und "schlechten Verlusten". Auch im VP-Bereich setzt sich diese einseitige Denke fort, wie man bereits in § 1 Außensteuergesetz nachlesen kann, um nur eine Vorschrift zu nennen: Es sind nämlich nur deutsche Gewinnminderungen zu korrigieren, soweit sie sich aus fremdunüblichen Geschäftsvorfällen mit ausländischen verbundenen Unternehmen ergeben.

In der Betriebsprüfungspraxis werden sehr häufig Fälle von kurzzeitigen bis zu dauerhaften Verlusten bei Routinegesellschaften aufgegriffen. Wohingegen Verluste aufgrund lokaler Fehlentscheidungen, kurzfristiger Nachfragerückgänge oder Restrukturierungsmaßnahmen, die sich kurzfristig wieder amortisieren, meistens verteidigbar sind, sind Dauerverlustsituationen vor allem bei Routinegesellschaften (unabhängig davon, ob der Gesamtkonzern profitabel oder verlustig ist) kaum erfolgreich als fremdüblich zu begründen.

Die OECD greift in Kapitel I, D.3 insbesondere folgende Fälle auf:

"When an associated enterprise consistently realizes losses while the MNE group as a whole is profitable, the facts could trigger some special scrutiny of transfer pricing issues. […] However, an independent enterprise would not be prepared to tolerate losses that continue indefinitely. […] The fact that there is an enterprise making losses that is doing business with profitable members of its MNE group may suggest to the taxpayers or tax administrations that the transfer pricing should be examined. The loss enterprise may not be receiving adequate compensation from the MNE group of which it is a part in relation to the benefits derived from its activities. […]

A factor to consider in analysing losses is that business strategies may differ from MNE group to MNE group due to a variety of historic, economic, and cultural reasons. Recurring losses for a reasonable period may be justified in some cases by a business strategy to set especially low prices to achieve market penetration. For example, a producer may lower the prices of its goods, even to the extent of temporarily incurring losses, in order to enter new markets, to increase its share of an existing market, to introduce new products or services, or to discourage potential competitors. However, especially low prices should be expected for a limited period only, with the specific object of improving profits in the longer term. If the pricing strategy continues beyond a reasonable period, a transfer pricing adjustment may be appropriate, particularly where comparable data over several years show that the losses have been incurred for a period longer than that affecting comparable independent enterprises. […]"[242]

[241] Vgl. OECD-RL, 2017, Tz 7.2.
[242] Vgl. OECD-RL, 2017, Tz. 1.129 bis 1.131.

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