a. Einleitung von Ermittlungsverfahren

Bei Unternehmenssteuern resultieren Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit gerade im Verrechnungspreisbereich häufig aus Betriebsprüfungen. nachfolgendes Zitat aus einem Erlass[90] der obersten deutschen Finanzbehörden der Länder zeigt, in welchem Stadium und bei Vorliegen welcher Umstände ein steuerlicher Betriebsprüfer der Buß- und Strafgeldstelle einzubeziehen hat:

ein steuerlicher Betriebsprüfer die Buß- und Strafgeldstelle einzubeziehen hat:

"Grundsätzlich ist in Zweifelsfällen immer eine frühzeitige – auch formlose – Kontaktaufnahme mit der BuStra [Bußgeld- und Strafsachenstelle] geboten. Dies gilt insbesondere, wenn

aufgrund der bisher getroffenen Prüfungsfeststellungen erhebliche Nachzahlungen zu erwarten sind und

der Verdacht einer Steuerstraftat nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.

Soweit bei offensichtlich leichtfertiger Begehensweise nur der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit im Raume steht, kann eine Unterrichtung der BuStra unterbleiben, wenn

das aufgrund der Tathandlung zu erwartende steuerliche Mehrergebnis insgesamt unter 5.000 EUR liegt und

nicht besondere Umstände hinsichtlich des vorwerfbaren Verhaltens für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens sprechen."

Entsprechendes ergibt sich auch aus den amtlichen Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) vom 14. März 2022[91]. Für die Annahme eines Verdachts genügt die bloße Möglichkeit einer schuldhaften Steuerverkürzung nicht. Aus Konzernsicht ist die Grenze in Höhe von 5.000 EUR des zu erwartenden steuerlichen Mehrergebnisses, die sog. "Nichtaufgriffsgrenze", sehr niedrig.

In der Praxis relevant sind auch die amtlichen Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer), nach denen Korrekturerklärungen gemäß § 153 AO unter dem Aspekt des Vorliegens einer Selbstanzeige – siehe hierzu den folgenden Abschnitt b – regelmäßig einer Überprüfung durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle unterzogen werden. In diesem Zusammenhang besteht grundsätzlich keine Nichtaufgriffsgrenze, sodass auch ein steuerliches Mehrergebnis von unter 5.000 EUR bereits ein Straf- oder Bußgeldrisiko darstellt.

b. Selbstanzeige

Die Selbstanzeige für die vorsätzliche Steuerhinterziehung ist in § 371 AO normiert, die bußgeldbefreiende Nacherklärung für die leichtfertige Steuerverkürzung in § 378 Abs. 3 AO.

Mit einer Selbstanzeige kann der Täter einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO unter gewissen Umständen eine Straf- oder Bußgeldbefreiung erlangen. Ab Bekanntgabe der Prüfungsanordnung für den darin angekündigten sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung aber kann gemäß § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 a) AO keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr gestellt werden. Dies ist äußerst praxisrelevant, weil es bedeutet, dass Steuerpflichtige, die erkennen, ein zu geringes zu versteuerndes Einkommen in der Steuererklärung erklärt zu haben, unverzüglich und proaktiv ihre Steuererklärung berichtigen müssen (§ 153 AO, siehe oben). Insbesondere muss die Selbstanzeige von Beginn an vollständig sein. Voraussetzung für die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige ist daher, dass durch diese die korrekte Besteuerung nachträglich ermöglicht wird, indem der Täter die vollständigen und korrekten Besteuerungsgrundlagen (bei einer strafbefreienden Selbstanzeige in der Regel für die letzten zehn Kalenderjahre) gegenüber dem Finanzamt offenlegt. Weitere Voraussetzung ist, dass der Täter die Steuern und festgesetzten Hinterziehungszinsen fristgemäß nachentrichtet und – bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als 25.000 EUR – zudem fristgemäß einen Zuschlag gemäß § 398a AO in Höhe von 10 bis 20 % der verkürzten Summe leistet. Der konkret anzuwendende Prozentsatz bemisst sich nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages. Bei sog. fremdnütziger Steuerhinterziehung genügt es, wenn der Täter den Zuschlag im Sinne des § 398a AO entrichtet. Ob und inwieweit Selbstanzeigen im jeweils konkreten Fall möglich sind und straf- bzw. für das Unternehmen bußgeldbefreiend wirken, ist ein komplexes Thema, das von ausgewiesenen Steuerstrafrechtsexperten beraten werden sollte.

Aus Sicht der Praxis nicht zu vernachlässigen ist die Vorschrift des § 378 Abs. 3 AO, also die bußgeldbefreiende Nacherklärung bei Fällen der leichtfertigen Steuerhinterziehung. Sie spielt in der Praxis eine große Rolle. Die Hürden der bußgeldbefreienden Nacherklärung sind, anders als bei § 371 AO, nicht hoch. Es wird, auch von den Gerichten, eine vergleichsweise großzügige Auslegung vertreten. Im Übrigen ist es für die Verwaltung in vielen Fällen deutlich schwieriger, den Nachweis des Vorsatzes zu führen als den Nachweis des leichtfertigen Handelns. Daher ist die bußgeldbefreiende Nacherklärung, die im Unterschied zur Selbstanzeige nach § 371 AO beispielsweise selbst während der laufenden Betriebsprüfung noch möglich ist, ein wichtiges Instrument. Darüber hinaus ist bei lediglich versuchter Steuerhinterziehung der sog. Rücktritt vom Versuch von Interesse....

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