In vielen Staaten gilt, dass die unterlassene, nicht rechtzeitige oder unvollständige Anmeldung von Steuern bei Leichtfertigkeit als Steuerverkürzung und bei Vorsatz als Steuerhinterziehung geahndet wird. Die leichtfertige Steuerverkürzung kann ein Bußgeld von bis zu EUR 50.000 je Tat nach sich ziehen, die Steuerhinterziehung als Vorsatztat empfindliche Geld- und Haftstrafen. Bei Unternehmenssteuern resultieren die meisten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Steuerverfehlung aus Betriebsprüfungen. Folgendes Zitat aus einem Erlass[1] der obersten deutschen Finanzbehörden zeigt, wie früh und unter welchen Umständen ein steuerlicher Betriebsprüfer die Amtskollegen der Buß- und Strafgeldstelle einzubeziehen hat:

„Grundsätzlich ist in Zweifelsfällen immer eine frühzeitige – auch formlose – Kontaktaufnahme mit der BuStra [Buß- und Strafgeldstelle] geboten. Dies gilt insbesondere, wenn

  • aufgrund der bisher getroffenen Prüfungsfeststellungen erhebliche Nachzahlungen zu erwarten sind und
  • der Verdacht einer Steuerstraftat nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.

Soweit bei offensichtlich leichtfertiger Begehensweise nur der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit im Raume steht, kann eine Unterrichtung der BuStra unterbleiben, wenn

  • das aufgrund der Tathandlung zu erwartende steuerliche Mehrergebnis insgesamt unter 5.000 Euro liegt und
  • nicht besondere Umstände hinsichtlich des vorwerfbaren Verhaltens für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens sprechen.”

Beachtenswert ist die aus Konzernsicht extrem niedrige „Nichtaufgriffsgrenze” in Höhe von nur 5.000 Euro.

Folgende Übersicht fasst die Verantwortlichkeit sowie die Rechtsfolge für ausgewählte Verschuldenstatbestände zusammen:

 
Tatbestand Verantwortlichkeit Rechtsfolge
Steuerhinterziehung und leichtfertige Steuerverkürzung (§§ 370, 378 AO) Persönliche Verantwortlichkeit der Verpflichteten

Kriminalstrafe (Geldstrafe bzw. bis zu fünf Jahren Haft; in besonders schweren Fällen bis zu 10 Jahre Haft)

bei Steuerverkürzung > 1 Mio. EUR: i. d. R. keine Strafaussetzung zur Bewährung
Verletzung der Aufsichtspflicht im Unternehmen (Ordnungswidrigkeit; § 130 OWiG) Persönliche Verantwortlichkeit der Unternehmens-, Betriebs- und Abteilungsleiter Geldbuße bis zu 1 Mio. EUR
(selbstständige) Verbandsgeldbuße (§ 30 OWiG) Verantwortlichkeit des Unternehmens für Verfehlungen der Unternehmensleitung oder der leitenden Angestellten Geldbuße bis zu 10 Mio. EUR
(selbstständige) Vermögensabschöpfung (§ 29a OWiG) Betroffene können die individuellen Verantwortlichen oder das Unternehmen selbst sein Abschöpfung in Höhe des tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteils

Abb. 29: Übersicht Verschuldenstatbestände und strafrechtliche Konsequenzen

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Steuerpflichtige gem. § 153 AO seine Steuererklärung unter folgenden Bedingungen zu berichtigen hat (d. h. kein Wahlrecht, bei Unterlassen droht die Strafbarkeit durch Unterlassen):

Zitat

(1) Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist,

  1. dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist oder
  2. dass eine durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln zu entrichtende Steuer nicht in der richtigen Höhe entrichtet worden ist,

so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Die Verpflichtung trifft auch den Gesamtrechtsnachfolger eines Steuerpflichtigen und die nach den §§ 34 und 35 für den Gesamtrechtsnachfolger oder den Steuerpflichtigen handelnden Personen.

Mit einer Selbstanzeige kann der Täter einer Steuerverfehlung Strafbefreiung erlangen. Voraussetzung hierfür ist, dass er die korrekte Besteuerung nachträglich ermöglicht, indem er die vollständigen und korrekten Besteuerungsgrundlagen (in der Regel für die letzten zehn Kalenderjahre) gegenüber dem Finanzamt offenlegt. Weitere Voraussetzung ist, dass der Täter die Steuern und Hinterziehungszinsen nachentrichtet und – bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als EUR 25.000 – einen Zuschlag in Höhe von 10% bis 20% der verkürzten Summe (der Prozentsatz ist abhängig von der Höhe des Hinterziehungsbetrages) leistet. Ob und inwieweit Selbstanzeigen möglich sind und strafbefreiend wirken, ist ein sehr komplexes Spezialthema, das ausschließlich von ausgewiesenen Steuerstrafrechtsexperten[2] beraten werden sollte.

[1] Vgl. Gleichlautender Erlass zu Anwendungsfragen zu § 10 Abs. 1 BpO v. 31.8.2009 der obersten Finanzbehörden der Länder, BStBl. 2009 I, S. 829.
[2] Vgl. Erb/Hanken, in: PwC, „Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2011/2012”, Verrechnungspreise und Steuerstrafrecht, S. 18 ff.

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