Eine digitale und nachhaltige Supply Chain zu ermöglichen bedeutet, mit allen Bestandteilen in Echtzeit verbunden zu sein: mit Partnern, Lieferanten, Kunden, Logistikdienstleistern und Dingen (Smart Assets) in der gesamten globalen Lieferkette. Dies benötigt den Einsatz von besonderen Kennzahlen, um den Umbau hin zur Nachhaltigkeit nachvollziehbar zu machen.[1] In der in Abb. 2 gezeigten Supply Chain werden zusätzlich im Zuge der Nachhaltigkeit für jede Prozessphase Nachhaltigkeitskennzahlen (NKPIs) für die drei Bereiche Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft entwickelt (Triple Bottom Line).

Nachhaltigkeitskennzahlen der Ökonomie

  • Reduzierung der Emissionskosten
  • Reduzierung des CO2-Fußabdrucks / CO2-Bilanz
  • Reduzierung des Energieverbrauchs
  • Einsparungsgrad durch Einsparungs- und Verbesserungsmaßnahmen
  • Anzahl von Mitarbeitern, Neueinstellungen, Verweildauer
  • Abwesenheit von Mitarbeitern, Ausfalltage, Todesfälle

Nachhaltigkeitskennzahlen der Ökologie

  • Verbesserung der Umweltsicherheit und Compliance durch Einhaltung des Ethikkodex
  • Produkt-Recyclingrate
  • Wasser-Fußabdruck
  • Ökologischer Nachhaltigkeitsindex der Lieferanten
  • Abfallreduzierungsrate
  • Abfall-Recycling-Rate
  • Abwassermenge
  • Reduktion gefährlicher Abfälle (nach Basler Konvention 36)

Nachhaltigkeitskennzahlen der Gesellschaft

  • Reduzieren oder Vermeidung von Strafen und Bußgeldern für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit
  • Entfernungen in der Lieferkette
  • Anzahl Schulungstage von Mitarbeitern bei auswärtigen / internen Trainings
  • Nachhaltigkeitsleistung des Vorstands, externe Vereinbarungen
  • Vergütungsverhältnis zwischen Frauen und Männern
  • Geschäftstätigkeiten mit Auswirkungen auf Bestechung und Korruption
  • Reduktion von wettbewerbswidrigem Verhalten, Kartell- und Monopolbildung

Um die Ansatzpunkte für die Digitalisierung der Supply Chain und der KPI-basierten Messung zu verstehen, ist es wichtig, sich in einem ersten Schritt mit den wesentlichen Merkmalen einer nachhaltigen Lieferkette zu befassen. Diese ist gekennzeichnet durch:

  • Zusammenarbeit in Netzwerken: die Zusammenarbeit und der Austausch von Daten hat die Wettbewerbsfähigkeit, die Zusammenarbeit und den Austausch von Daten aller Akteure entlang der Lieferkette ermöglicht und wird dies weiter vorantreiben.
  • Nutzung von modernen Technologien: die Nachhaltigkeit der Lieferkette ist verbunden mit einer steigenden Komplexität. Ohne moderne, digitale Technologien ist es nicht möglich, das Maß an Transparenz zu erhalten und zu koordinieren, welches notwendig ist, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
  • Festlegung von Standards und Zielen: damit ein strategischer Nachhaltigkeitsplan für die Lieferkette funktioniert, ist es wichtig, dass Benchmarks, Ziele und Richtlinien klar für alle Beteiligten, Stakeholder und Lieferanten definiert werden, die dann über digitale Technologien hinsichtlich ihrer Einhaltung verfolgt werden können.

Um einerseits die "Triple Bottom Line" zu managen und andererseits wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sich die Supply Chain und damit die Art und Weise, wie die Produktion und Logistik funktioniert, drastisch verändern.[2] Die "neue Normalität" muss Transparenz über den detaillierten Herstellungsprozess, die Produktion und Logistik sowie die Integration der beteiligten Produkte, Dienstleistungen und Partner beinhalten, was die Transformation von Produktportfolios und Herstellungsprozessen in Richtung einer umfassenden und zirkulären Wertschöpfung initiiert.

Einer der wesentlichen Schritte bei der Digitalisierung der Supply Chain ist es, von einem hauptsächlichen Engineer-to-Order-Geschäftsmodell zu einem wiederholbaren und skalierbaren Configuration-to-Order-Modell überzugehen. Dies schafft die Möglichkeit, die wachsenden Erwartungen von Kunden, Investoren, Mitarbeitern und der Gesellschaft zu erfüllen. Um den Wert eines Prozesses auch über die Unternehmensgrenzen hinaus und damit die Wirkung und Relevanz von Nachhaltigkeit messen zu können, muss das Konzept der Prozesslandschaft eines Unternehmens und seiner End-to-End-Prozesse als Rahmen definiert werden. Als End-to-End-Prozess wird ein wertschöpfender Prozess festgelegt, der ohne Prozessunterbrechung beim Kunden beginnt und endet und als konsistente Struktur für die kennzahlengetriebene Analyse dient, siehe Abb. 3.

Abb. 3: Interne bzw. externe Supply Chain eingebunden in die Value Chain in Form eines End-to-End-Prozesses[3]

Wenn die operative Leistung der Lieferkette großen Einfluss auf die Kosten und den Service hat, ist die Überwachung dieser Leistung, die Festlegung von Zielen und die Entwicklung von Korrekturmaßnahmen auf der Grundlage von Kennzahlenmessungen entscheidend für die Umsetzung einer nachhaltigen Lieferkette. Zur Konkretisierung wird nachfolgend exemplarisch das Konzept des Supply Chain Prozesses Design-to-Operate Prozess (Variante Order-to-Stock) der Firma Villeroy & Boch erläutert.

[1] Vgl. GeSI, 2016; Islam/Fatima et al., 2011; Suárez-Eiroa/Fernández et al., 2019.
[2] Vgl. García-Muiña/Medina-Salgado et al., 2020.
[3] SAP

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