Leitsatz

Maßgeblich für die steuerrechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit ist nicht die vom Steuerpflichtigen subjektiv vorgenommene Beurteilung und die angegebene Bezeichnung, sondern vielmehr die Wertung nach objektiven Kriterien. Deshalb ist gewerblicher Grundstückshandel nicht allein deshalb zu bejahen, weil der Steuerpflichtige beim FA und seiner Gemeindebehörde einen Gewerbebetrieb anmeldet und Dritten gegenüber erklärt, er sei gewerblicher Grundstückshändler.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er erwarb 2003 zwei Eigentumswohnungen, deren Kaufpreis er langfristig finanzierte. Die Wohnungen waren seit langem unbefristet vermietet, der Kläger hatte zudem auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Er beantragte mit Hinweis auf die zu erwartenden Verluste seines geplanten gewerblichen Grundstückshandels die Eintragung eines Freibetrags auf seiner LSt-Karte. Beim zuständigen Bezirksamt meldete er einen gewerblichen Grundstückshandel an und gab beim FA einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung des Gewerbebetriebs "gewerblicher Grundstückshandel" ab.

Im Lauf des Veranlagungsverfahrens 2003 erläuterte der Kläger, er werde in den nächsten Jahren weitere Wohnungen erwerben und wolle sie mit Gewinn wieder veräußern. Er habe für seine gewerbliche Tätigkeit einen ISDN-Anschluss mit zweiter Telefonnummer, Fax- und Internetanschluss eingerichtet. Von seinen Plänen, mit Grundstücken zu handeln, habe er auch einen Vertreter der die Wohnungen finanzierenden Bank sowie verschiedene Makler unterrichtet. Verkaufsbemühungen hat der Kläger im Streitjahr jedoch nicht unternommen, da ihm aus unternehmerischer Sicht ein Verkauf mangels Gewinnaussicht nicht sinnvoll erschien.

Das FA erkannte die geltend gemachten Verluste nicht an. Hiergegen erhob der Kläger Ende 2004 Klage. Anfang 2005 beauftragte er einen Makler und verkaufte im April eine der beiden Wohnungen. Im Mai 2005 kaufte der Kläger zwei weitere vermietete Eigentumswohnungen, die ebenfalls längerfristig finanziert waren.

Das FG hat der Klage stattgegeben (FG Hamburg, Urteil vom 23.05.2006, II 347/04, Haufe-Index 1542960, EFG 2006, 1753). Der Kläger habe mit der Gewerbeanmeldung und seiner Erklärung im Zusammenhang mit dem beantragten Freibetrag auf seiner LSt-Karte seine unbedingte Veräußerungsabsicht dokumentiert.

Im Revisionsverfahren hat der Kläger im Jahr 2008 weitere Immobilien erworben und wieder veräußert.

 

Entscheidung

Da die subjektive Beurteilung der Tätigkeit für die steuerrechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist sowie keine objektive Kriterien für eine unbedingte Veräußerungsabsicht des Klägers vorlagen, hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Gewerblicher Grundstückshandel paradox: Während ansonsten die Steuerpflichtigen in der überwiegenden Anzahl der zu entscheidenden Fälle versuchen, einen gewerblichen Grundstückshandel zu vermeiden, bemühte sich der Kläger im Streitfall, einen gewerblichen Grundstückshandel zu begründen. Hintergrund war die seit 2006 durch den Gesetzgeber abgeschaffte Möglichkeit, die Anschaffungskosten der Grundstücke als Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels gem. § 4 Abs. 3 EStG als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln.

2. Eine unbedingte Veräußerungsabsicht und damit ein gewerblicher Grundstückshandel kann nicht bereits deshalb bejaht werden, weil Steuerpflichtige dieses behaupten. Vielmehr ist auch in diesen Fällen bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Auch hier sind die einzelnen Umstände für und gegen eine unbedingte Veräußerungsabsicht zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.

3. Maßgeblich für die steuerrechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit ist nicht die vom Steuerpflichtigen subjektiv vorgenommene Beurteilung und die angegebene Bezeichnung (z.B. in der Gewerbeanmeldung, in Steuererklärungen), sondern die Wertung nach objektiven Kriterien. Es ist anerkannt, dass eine vom Steuerpflichtigen vorgenommene Eigenqualifikation seiner Handlungen rechtlich unbeachtlich ist, wenn sie nicht durch die tatsächlichen Gegebenheiten gedeckt ist. Es kann nicht im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, seine Betätigung dem gewerblichen Bereich oder der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen.

4. Folgende Bemühungen, einen gewerblichen Grundstückshandel zu begründen, reichen nicht aus:

  • die Einrichtung eines ISDN-Anschlusses,
  • die Äußerungen gegenüber Bankberatern, Freunden oder anderen Personen, man sei künftig "gewerblicher Grundstückshändler",
  • die Gewerbeanmeldung,
  • die Erklärung im Zusammenhang mit der Beantragung eines Freibetrags auf der LSt-Karte.

5. Gegen die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels sprechen – wie im Streitfall – die objektiven Kriterien, wie das fehlende Bemühen um einen Verkauf der Wohnungen unmittelbar nach deren Kauf, sei es du...

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