Leitsatz

Das Stuttgarter Verfahren zur Bewertung nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Ertragsaussichten rückläufig sind.

 

Sachverhalt

Der Kläger bekam 1993 Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) übertragen. In den Vorjahren vor der Schenkung waren die Umsätze und Erträge aufgrund der Wiedervereinigung Deutschlands stark angestiegen, nach dem Schenkungsstichtag aber wieder gesunken. Im Jahr 2000 wurden die Anteile für einensymbolischen preis von 1,- EUR zurückübertragen, 2003 wurde die Liquidation beschlossen.

Für die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile nach dem Stuttgarter Verfahren wurden schon auf Vortrag des Steuerberaters niedrigere Ertragsaussichten (abweichend von dem Durchscnitt der letzten drei Jahre) berücksichtigt. Wegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuerrechts und Annahme eines noch geringeren Werts legte der beschenkte Einspruch gegen den Schenkungstsuerbescheid ein. Nach Einspruch und Gewährung der Aussetzung der Vollziehung wurde der Einspruch vom Finanzamt versehentlich 11 Jahre nicht bearbeitet. 2008 wurde dann eine ablehnende Einspruchsentscheidung erlassen, gegen die sich die Klage richtete. In der Klage wurde auch die Verwirkung der Schenkungsteuer wegen der überlangen Bearbeitungsdauer begehrt.

 

Entscheidung

Das Gericht hat die zulässige Klage als unbegründet abgewiesen und Revision nicht zugelassen. Zwar können bei der Bewertung von nichtnotierten Anteilen von Kapitalgesellschaften auch niedrigere Ertragsaussichten berücksichtigt werden. Dies sei aber bei der Bewertung der Anteile schon geschehen. Darüber hinausgehende - substantiierte - Gründe für eine aus Sicht des Bewertungsstichtags ersichtliche weitergehende Minderungen der Ertragsaussichten seien nicht vorgetragen worden. Damit sei der Wert der Anteile im Rahmen des Stuttgarter Verfahrens korrekt festgestellt worden.

Auch die überlange Dauer der Bearbeitung durch die Finanzverwaltung führe nicht zu einer Verwirkung der Steuer. Die Nichtgewährung effektiven Rechtsschutzes binnen angemessener Frist gibt dem Einspruchsführer das Recht, unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FGO Untätigkeitsklage zu erheben, wenn er dieses Recht nicht wahrnimmt, ergibt sich für ihn daraus kein Vertrauensschutz, dass die Verwaltung einen Anspruch gegen den Steuerpflichtigen nicht weiter verfolgt.

 

Hinweis

Die Bewertung nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften erfolgt nur für alle Übertragungen bis zum 31.12.2008 nach dem Stuttgarter Verfahren, soweit kein Verkauf innerhalb eines Jahres vor dem Besteuerungszeitpunkt ermittelbar ist. Allerdings können in diesem Verfahren von dem Beteiligten - da die voraussichtlichen Erträge der nächsten 5 Jahre mit in die Bewertung einfließen sollen - niedrigere Erträge der Zukunft geltend gemacht werden. Dies muss aber detailliert dargelegt werden und aus der Sicht des Besteuerungsstichtags (Tag der Schenkung oder des Erwerbs von Todes wegen) glaubhaft sein.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 28.04.2009, 3 K 43/09

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