Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmensbewertung bei nicht notierten Kapitalgesellschafts-Anteilen / Verwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Während der gemeine Wert nicht notierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft mangels zeitnaher Verkaufspreise vor 2009 "unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten" zu schätzen war (also mittels kombinierter Unternehmensbewertungsmethode bzw. Stuttgarter Verfahren), ist die "Berücksichtigung der Ertragsaussichten" nach § 11 Abs. 2 BewG 2009 sowohl mittels Ertragswertmethode allein als auch kombiniert mit Einbeziehung des Substanzwerts möglich.

Bei der steuerrechtlichen Auswahl unter den Unternehmensbewertungsmethoden nach der Feststellungslast können unterschiedliche Gewichtungen des Geschäftswerts miteinander verglichen werden; der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast für Tatsachen, die eine objektive Wertminderung am Stichtag begründen.

Die Steuer wird nicht ohne weiteres durch elfjährige Nichtbearbeitung des Einspruchs verwirkt.

 

Normenkette

EGV Art. 43; AO §§ 162, 169, 171 Abs. 3a, §§ 179, 228, 231; BewG § 11 Abs. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1 a.F., § 21 a.F., §§ 95, 112 a.F., § 113a a.F., §§ 151-152, 199; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, §§ 10-11, 12 Abs. 1, 1a a.F.; GG Art. 3, 19 Abs. 4; GmbHG § 15 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.02.2010; Aktenzeichen II B 135/09)

 

Tatbestand

Streitig sind für die Schenkung eines GmbH-Anteiles in 1993 dessen Bewertung und die Verwirkung der Schenkungsteuer nach überlanger Einspruchsdauer.

I.

Das Unternehmen der GmbH bestand seit 1938 als gleichnamige Einzelfirma. Als deren Inhaber war spätestens seit 1966 Herr W. eingetragen und wurde Anfang 1988 die in 1924 geborene Schenkerin registriert. In 1988 wurde die Einzelfirma gemäß Umwandlungsbilanz 1987 in die GmbH umgewandelt mit einem Stammkapital von 100.000 DM und wurde als Geschäftsführer Herr P. bestellt. Eingetragene Geschäftszwecke waren u. a. der Handel mit Maschinen und Werkzeugen für die Holz- und Metallverarbeitung, Serviceleistungen, Schärf- und Schleifarbeiten (Handelsregister, Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Vorbl.).

Mit notarieller Urkunde vom 3. September 1993 teilte die mit dem Kläger nicht verwandte Schenkerin ihren voll eingezahlten 60 %-GmbH-Anteil von nominell 60.000 DM in zwei Teilgeschäftsanteile von je 30.000 DM. Die beiden neu entstandenen Geschäftsanteile übertrug sie in derselben Urkunde ohne Gegenleistung rückwirkend per Verrechnungstag 1. Januar 1993, davon einen Geschäftsanteil an den Kläger und den anderen an den Steuerberater (Schenkungsteuer-Akte --SchenkSt-A-- Bl. 6).

In dem Lagebericht der GmbH zum 31. Dezember 1993, dessen Erstellungsdatum nicht vorliegt und der bis September 1996 bei dem für die GmbH zuständigen FA eingereicht wurde, heißt es auszugsweise (SchenkSt-A Bl. 34p):

"Geschäftsverlauf und Lage der Gesellschaft der Umsatz der Gesellschaft hat sich im Berichtsjahr gegenüber dem Vorjahr von TDM 2.026 auf TDM 1.473 vermindert, dies entspricht einem Umsatzrückgang von 27,3 %. Die Handelsspanne hat sich von bisher 31,9 % auf 30,6 % des Umsatzes verringert. Der geringere Umsatz und die gleichzeitig verminderte Handelsspanne führten zu einer Minderung des Rohertrags um TDM 196 auf TDM 450. Durch gesunkene Kosten konnte der erhebliche Ertragsrückgang nur teilweise kompensiert werden. So verminderten sich insbesondere die Personalkosten (- TDM 77) und die Abschreibungen (- TDM 12), während sich die übrigen Kosten insgesamt um TDM 16 und die Zinsaufwendungen um TDM 6 erhöhten. Nach Steuern wird ein Jahresüberschuss von DM 17.428,76 (Vorjahr DM 68.027,25) ausgewiesen. Die Vermögens- und Finanzlage ist geordnet. ... Die voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft Es wird wiederum ein positives Ergebnis erwartet."

In 1996 wurde das Stammkapital um 30.000 DM auf 130.000 DM erhöht.

Mit notarieller Urkunde vom 21. Juli 2000 haben der Kläger und der mitbeschenkte Steuerberater ihre Anteile für je 1 DM an die Schenkerin zurückverkauft (FG-A Bl. 36). Im September 2000 wurde anstelle des bisherigen Geschäftsführers die Schenkerin als Geschäftsführerin eingetragen.

In 2003 wurden die Auflösung und die Schenkerin als Liquidatorin eingetragen. In 2008 wurde die GmbH wegen Vermögenslosigkeit gelöscht (Handelsregister, FG-A Vorbl.).

Die Schenkerin ist im Handelsregister weiter eingetragen als Inhaberin einer nach Herrn W. benannten Einzelfirma und als Kommanditistin der 1990 gegründeten ersten und der im September 1992 gegründeten zweiten nach Herrn W. benannten Grundstücks GmbH & Co KG, jedoch nicht der ebenfalls im September 1992 gegründeten dritten W. Grundstücks GmbH & Co KG. Die Schenkerin war seit Gründung bis 2006 Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH der ersten beiden Kommanditgesellschaften.

Die Schenkerin war und ist nicht als Geschäftsführerin bei der anderslautend firmierenden Komplementärin der dritten Grundstücks GmbH & Co KG eingetragen. Diese GmbH und diese KG sind 2007 in Liquidation gegangen (Handelsregister, FG-A Vorbl.).

Ein ähn...

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