BMF, 30.3.2012, III B 6 - V 4250/05/10003 :004

Anlagenbegriff nach § 12b Abs. 2 StromStV

 

I. Allgemeines

Strom ist von der Steuer befreit, wenn er in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt erzeugt wird und vom Betreiber der Anlage als Eigenerzeuger im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird oder von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, an Letztverbraucher geleistet wird, die den Strom im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnehmen (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG).

Von zentraler Bedeutung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ist unter anderem die Frage, was unter einer Anlage im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu verstehen ist. Dazu war bisher in § 12a Abs. 1 StromStV (jetzt: § 12b Abs. 1 StromStV) lediglich geregelt, dass mehrere unmittelbar miteinander verbundene Stromerzeugungseinheiten an einem Standort als eine Anlage zur Stromerzeugung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG gelten. Durch die Verordnung zur Änderung der Energiesteuer- und der Stromsteuer-Durchführungsverordnung vom 20.9.2011 (BGBl 2011 I S. 1890) wurde mit Wirkung vom 30.9.2011 zusätzlich folgender § 12b Abs. 2 neu in die Stromsteuer-Durchführungsverordnung aufgenommen:

  „(2) Stromerzeugungseinheiten an unterschiedlichen Standorten gelten als eine Anlage zur Stromerzeugung nach § 9 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzes, sofern die einzelnen Stromerzeugungseinheiten zentral gesteuert werden, der Betreiber zugleich der Eigentümer der Stromerzeugungseinheiten ist, er die ausschließliche Entscheidungsgewalt über die Einheiten besitzt und der erzeugte Strom zumindest teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll.”

Die Summe der elektrischen Nennleistungen der einzelnen Stromerzeugungseinheiten gilt sowohl im Fall des § 12b Abs. 1 als auch des 12b Abs. 2 StromStV als elektrische Nennleistung der Anlage (§ 12b Abs. 3 StromStV). Übersteigt die so ermittelte elektrische Nennleistung der aus mehreren Stromerzeugungseinheiten bestehenden Anlage zwei Megawatt, scheidet für den erzeugten Strom eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG aus.

 

II. Tatbestandsmerkmale des § 12b Abs. 2 StromStV

 

1. Stromerzeugungseinheiten

Der Begriff der Stromerzeugungseinheit im Sinne des § 12b Abs. 2 StromStV ist so auszulegen wie in § 12b Abs. 1 StromStV. Entsprechend der schon bisher angewandten Verfahrensweise bei der Bestimmung einer Anlage nach § 12b Abs. 1 StromStV sind deshalb in die Betrachtung auch solche Stromerzeugungseinheiten einzubeziehen, die die Nennleistungsgrenze von zwei Megawatt (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG) überschreiten.

Beispiel:

Ein Unternehmen betreibt mehrere Blockheizkraftwerke (BHKW) an unterschiedlichen Standorten, und zwar

  • BHKW 1 mit einer elektrischen Nennleistung von 6 Megawatt,
  • BHKW 2 mit einer elektrischen Nennleistung von 1 Megawatt sowie
  • BHKW 3 mit einer elektrischen Nennleistung von 0,5 Megawatt.

Sind alle weiteren Tatbestandsmerkmale des § 12b Abs. 2 StromStV erfüllt, werden die BHKW als eine Anlage zur Stromerzeugung im Sinne des § 12b Abs. 2 StromStV mit einer elektrischen Nennleistung von 7,5 Megawatt betrachtet. Eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG für den erzeugten Strom ist deshalb ausgeschlossen. Eine Zusammenfassung ausschließlich der BHKW 2 und 3 mit der Folge, dass die Nennleistungsgrenze von bis zu zwei Megawatt für diese BHKW nicht überschritten wird, ist nicht zulässig.

 

2. Zentrale Steuerung

Stromerzeugungseinheiten an unterschiedlichen Standorten gelten nur dann als eine Anlage zur Stromerzeugung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, sofern die einzelnen Stromerzeugungseinheiten zentral gesteuert werden.

a) Begriff der zentralen Steuerung

Durch eine zentrale Steuerung werden mehrere dezentral installierte Stromerzeugungseinheiten mit dem Ziel miteinander verknüpft, gemeinsam und bedarfsgerecht eine bestimmte Menge Strom zu erzeugen. Eine zentrale Steuerung der Stromerzeugungseinheiten kann z.B. über eine Leitstelle mittels DSL oder Mobilfunk erfolgen. Eine zusätzlich zur zentralen Steuerung vorgesehene unabhängige Fahrweise der Stromerzeugungseinheiten, z.B. für den Störungsfall, ist unbeachtlich.

Der Begriff der Steuerung im Sinne des § 12b Abs. 2 StromStV umfasst sowohl Steuer- als auch Regelvorgänge im technischen Sinn. Ein Steuervorgang ist ein Vorgang, bei dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgrößen andere Größen als Ausgangsgrößen aufgrund der dem System eigentümlichen Gesetzmäßigkeiten beeinflussen. Kennzeichen für einen Steuervorgang ist der offene Wirkungsweg, bei dem die durch die Eingangsgrößen beeinflussten Ausgangsgrößen nicht fortlaufend und nicht wieder über dieselben Eingangsgrößen auf sich selbst wirken. Ein Regelvorgang ist ein Vorgang, bei dem fortlaufend eine Größe, die Regelgröße (die zu regelnde Größe), erfasst, mit einer anderen Größe, der Führungsgröße, verglichen und im Sinne einer Angleichung an die Führungsgröße beeinflusst wird. Kennzeichen für das Regeln ist der geschlossene Wirkungsablauf, ...

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