Leitsatz

Der Streitwert für ein Verfahren betreffend die Spielvergnügungsteuer ist nicht um gegenläufige ertragsteuerliche Folgewirkungen zu mindern.

 

Normenkette

§ 52 Abs. 3 und Abs. 1 GKG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war im Revisionsverfahren (BFH, Urteil vom 21.2.2018, II R 21/15, BFH/NV 2018, 896, BFH/PR 2018, 229) gegen die Festsetzung von Spielver­gnügungsteuer unterlegen; ihr wurden die Kosten ­auferlegt. Der Klägerin ging eine Kostenrechnung zu, die von einem Streitwert in Höhe von ca. 940.000 EUR ausging. Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde und Erinnerung eingelegt. Der ­Streitwert sei höchstens mit ca. 644.000 EUR ­an­zusetzen; denn hätte sie obsiegt, hätte sie auf die zu erstattende Steuer insgesamt ca. 31,5 % ­Ertragsteuern, d.h. ca. 296.000 EUR zahlen müssen.

 

Entscheidung

Der Senat hat den Gebührenstreitwert ohne Absenkung festgesetzt.

Bei dem Streitwert in Höhe von ca. 940.000 EUR handelt es sich um den streitgegenständlichen Betrag der Spielvergnügungsteuer. Er ist mangels ­gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nicht um ­gegenläufige ertragsteuerliche Folgewirkungen zu mindern.

Lediglich § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG befasst sich mit weiteren Auswirkungen eines auf Geldleistungen bezogenen Verwaltungsakts; nach dieser Vorschrift ist nur eine Erhöhung, nicht aber eine Herabsetzung des Streitwerts zulässig. Diese Differenzierung erachtet der BFH für zulässig, da das Gebührenrecht in erheblichem Maße auf Typisierungen aufbaut.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall handelt von der Höhe des Streitwerts im finanzgerichtlichen Verfahren.

1. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG deren Höhe maßgebend.

Aus der Tatsache, dass die Bedeutung dem Antrag zu entnehmen ist, wurde geschlossen, dass ein eventuell über die Geldleistung oder über die ­sich unmittelbar aus dem Antrag ergebende Bedeutung der Sache hinausgehendes Klägerinteresse bei der Wertermittlung unberücksichtigt zu bleiben habe (vgl. die Begründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 17/11471 vom 14.11.2012, 245).

2. Diese Sichtweise wurde auch von der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung geteilt (BFH, Beschluss vom 16.12.2015, X E 20/15, BFH/NV 2016, 573): Für die Bemessung des Streitwerts sollte ­demgemäß nicht das gesamte geldwerte Interesse maßgebend sein, das ein Steuerpflichtiger an der Durchführung des Verfahrens hat, sondern lediglich der Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten wird. Der BFH führte ausdrücklich aus, dass der Streitwert eines wegen des Gewerbesteuermessbetrags geführten Verfahrens sich nicht dadurch mindert, dass die Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann.

3. Der nach den vorstehenden Regelungen ermittelte Streitwert wurde insbesondere in den Fällen als zu niedrig empfunden, in denen der Kläger "Musterverfahren" anhängig machte, in denen die Steuererklärung eines Jahres angegriffen wurde, sich aber für eine Mehrzahl von Jahren Auswirkungen ergaben.

Mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ist des­halb am 1.8.2013 § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG in Kraft getreten. Hat danach der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben.

Diese gesetzliche Regelung ist auch nach über­kommener Auffassung des BFH (Beschluss vom 16.12.2015 a.a.O.) eng auszulegen. So beschränkt sich der Regelungsbereich des § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG nach dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift auf "Anhebungen" des Streitwerts. Begehrt der Kostenschuldner eine Minderung des Streitwerts, kann dieses Begehren nicht auf § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG gestützt werden.

4. Demgemäß hat es der BFH auch im Streitfall abgelehnt, den Streitwert wegen anderweitiger Belastungen der Klägerin herabzusetzen. Der BFH hat seine Entscheidung im Rahmen der Gebührenstreitwertfestsetzung getroffen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 15.1.2019 – II S 1/19

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