Bei der Strafzumessung können in Steuerstrafverfahren insbesondere folgende Aspekte Bedeutung erlangen:

  • Der Mitwirkung des Beschuldigten an der Aufklärung des Sachverhalts (z. B. dem Nachreichen von Steuererklärungen oder Steuervoranmeldungen) oder einem Geständnis muss erhebliche Bedeutung zukommen.[1]

    Dies gilt namentlich in den Fällen, in denen ohne die Mitwirkung des Beschuldigten der Nachweis der Steuerhinterziehung in bestimmter Höhe durch strafrechtliche Schätzungen hätte geführt werden müssen.

  • Verstöße gegen das strafprozessuale Beschleunigungsgebot sind wenigstens strafmildernd zu berücksichtigen[2];

    sie können u. U. eine Einstellung des Verfahrens gebieten.[3]

  • I. R. der Strafzumessung kommt der Nachzahlung der hinterzogenen Steuern (Schadenswiedergutmachung) Bedeutung zu.

Die Verfahrensbeendigung durch Strafbefehl hat folgende Vorteile:

  • Dem Beschuldigten bleiben die Nachteile und Unwägbarkeiten einer Hauptverhandlung vor dem Gericht erspart.
  • Beträgt die Anzahl der verhängten Tagessätze nicht mehr als 90, so darf sich der Verurteilte als unbestraft bezeichnen; Verurteilungen zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder die Verwarnung mit Strafvorbehalt werden nicht in ein allgemeines Führungszeugnis aufgenommen.[4]

Die Nachteile des Strafbefehlsverfahren sind:

  • Im Gegensatz zu einem Bußgeldbescheid (z. B. gem. § 378 AO, § 130 OWiG) bedeutet der Strafbefehl eine Vorstrafe. Der Verurteilte ist im Bundeszentralregister erfasst.
  • Eine Ahndung durch Strafbefehl beinhaltet den Schuldvorwurf der Steuerhinterziehung, d. h. vorsätzliches Verhalten. Es gelten die steuerlichen Folgen der §§ 235, 169 Abs. 2 Satz 2, 71 AO. Eine strafgerichtliche Verurteilung präjudiziert faktisch die Annahme der Hinterziehung im FG-Prozess.[5]

    Nach eigener Würdigung kann das FG die strafgerichtlichen Feststellungen übernehmen.[6]

 
Hinweis

Strafzumessung

Der Verteidiger wird vom Mandanten oft schon während des Ermittlungsverfahrens gefragt, mit welcher Strafe denn zu rechnen sei. Eine zuverlässige Antwort lässt sich darauf nicht immer geben. Dass diese sich nicht sicher voraussagen lässt, hat mehrere Gründe:

Zum einen ist die Bandbreite der vom Tatbestand des § 370 AO erfassten Sachverhalte erheblich. Sie reicht vom Verschweigen von Zinserträgen bis hin zu spektakulären Großhinterziehungen, von einfachen Unkorrektheiten bis zu planvoll angelegten raffinierten Täuschungshandlungen, von der zeitlich vorübergehenden bis zur endgültig gewollten Hinterziehung. Entsprechend weit gefasst ist auch der Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe.

Zum anderen ist den Strafverfolgungsbehörden klar, dass es sich bei der Steuerhinterziehung um ein Massendelikt handelt, bei dem es weiten Kreisen der Bevölkerung am Unrechtsbewusstsein fehlt und das angesichts einer allgemein eher schlechten Steuermoral vermutlich eine hohe Dunkelziffer aufweist. Vor diesem Hintergrund neigen sie dazu, anhängig gewordene Fälle rigoros zu verfolgen, um damit generalpräventive Zeichen zu setzen, also eine abschreckende Wirkung zu erzielen.[7]

[1] OLG Düsseldorf, Urteil v. 30.11.1988, 2 Ss 264/88 110/88 III, wistra 1989 S. 154.
[2] BGH, Urteil v. 6.9.1988, 1 StR 473/88, wistra 1989 S. 16; BGH, Beschluss v. 27.3.1988, 5 StR 76/77, wistra 1988 S. 224.
[3] BGH, Urteil v. 26.6.1996, 3 StR 199/95, BB 1996 S. 2167; Urteil v. 9.12.1987, 3 StR 104/87, wistra 1988 S. 230; LG Düsseldorf, Urteil v. 26.8.1987, XII 29/87, NStZ 1988 S. 427.
[5] FG Münster, Urteil v. 21.6.1994, 15 K 5555/92 U, EFG 1994 S. 1117.
[7] Welnhofer-Zeitler, in: Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rdn. 1442/1443, 6. Aufl. 2013.

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