Leitsatz

1. Die Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG entsteht auch bei einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer.

2. Im Rechtsstreit über die Anwendung einer Steuersatzermäßigung ergibt sich die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nicht daraus, dass der Steuerpflichtige für die streitige Leistung eine Rechnung mit einem höheren Steuerausweis erteilt hat und die Anfechtungsklage dann aufgrund einer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG bestehenden Steuerschuld unbegründet ist.

 

Normenkette

§ 14c Abs. 1 UStG, § 41 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger, eine gemeinnützige Körperschaft, begehrte für Leistungen, die er bei der individuellen Beratung von Verbrauchern erbrachte, den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, erteilte aber Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes. Er sah sich hierzu durch das FA aufgefordert.

Gegen seine Voranmeldung legte er Einspruch ein, der Jahresbescheid wurde zum Gegenstand des erfolglosen Einspruchsverfahrens. Das FG legte die Anfechtungsklage nach Antragsänderung als Feststellungsklage aus, die es als begründet ansah, da auf die Leistungen die begehrte Steuersatzer­mäßigung anzuwenden sei (FG Hamburg, Urteil vom 15.11.2017, 1 K 2/16, Haufe-Index 11569399, EFG 2018, 792).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab. Danach ist die Anfechtungsklage im Hinblick auf die nach § 14c Abs. 1 UStG bestehende Steuerschuld unbegründet und die Klageänderung in eine Feststellungsklage im Hinblick auf deren Subsidiarität unzulässig.

 

Hinweis

1. Streitet der Unternehmer mit seinem FA über die Besteuerung seiner Umsätze, da er von einer fehlenden Steuerbarkeit im Inland, von einer Steuerfreiheit oder einer Steuersatzermäßigung ausgeht, ist Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Rechtsbehelfsverfahren, dass er für die Leistungen im Streitzeitraum keine Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt hat, die seinem Rechtsstandpunkt widersprechen.

Liegen demgegenüber derartige Rechnungen vor, erübrigt sich eine materiell-rechtliche Prüfung. Selbst bei einer materiell-rechtlichen Nichtsteuerbarkeit, Steuerfreiheit oder Steuersatzermäßigung besteht aufgrund der Rechnungserteilung eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG. Diese Steuerschuld entfällt erst aufgrund einer Rechnungsberichtigung, der aber keine Rückwirkung zukommt.

2. Die Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG entsteht auch bei einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Rechnung zur Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzugs eingesetzt werden kann. Hierfür reicht aus, dass der Empfänger die Leistung zwar als Letztverbraucher bezieht, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass er in anderer Hinsicht – wie etwa beim Betrieb einer Fotovoltaikanlage oder als eBay-Verkäufer – ­Unternehmer ist. Dass eine derartige Möglichkeit nicht besteht, dürfte sich nur selten darlegen lassen.

3. Hat der Unternehmer für die Leistungen des Streitzeitraums Rechnungen mit Steuerausweis noch im Streitzeitraum mit der Folge einer jedenfalls nach § 14c Abs. 1 UStG bestehenden Steuerschuld erteilt, ist er nicht berechtigt, zur Klärung der materiell-rechtlichen Streitfrage eine Feststellungsklage zu erheben.

Der BFH erstreckt die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO auch auf den Fall, dass der Unternehmer die Möglichkeit zur Rechtsverteidigung durch Anfechtungsklage aufgrund einer Rechnungserteilung verloren hat. Daher kommt eine Klage zur Feststellung der materiell-rechtlichen Streitfrage nicht in Betracht, wenn der Unternehmer Rechnungen mit Steuerausweis erteilt, die jedenfalls zu einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG führen. Die materiell-rechtliche Steuerschuld nach dieser Vorschrift hat somit auch eine prozessuale Wirkung.

Der BFH stellt hierfür auch darauf ab, dass dem Unternehmer die Möglichkeit offensteht, Rechnungen entsprechend seiner Rechtsauffassung oder ohne Steuerausweis oder zumindest erst nach Ablauf des Streitzeitraums zu erteilen. Im zuletzt genannten Fall entstünde die mögliche Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG erst nach dem Streitzeitraum, sodass sie für das Rechtsbehelfsverfahren ohne Bedeutung wäre. Damit dürfte auch bei einer Leistungserbringung an Unternehmer, für die Rechnungen zu erteilen sind, die Möglichkeit einer Feststellungsklage ausscheiden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.12.2018 – V R 4/18

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