Zusammenfassung

Führt ein Unternehmer im Inland einen steuerbaren Umsatz aus, der nicht steuerfrei ist, muss Umsatzsteuer berechnet werden. Die Höhe der Umsatzsteuer ermittelt sich nach dem für diesen Umsatz maßgeblichen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 % oder nach § 12 Abs. 2 UStG mit 7 %. Erhebliche Auswirkungen für die an dem Umsatz Beteiligten ergeben sich, wenn sich der leistende Unternehmer über den anzuwendenden Steuersatz irrt. Je nach Art des Irrtums ergeben sich wirtschaftliche Auswirkungen bei dem leistenden oder dem leistungsempfangenden Unternehmer. Deshalb müssen beide an einem Umsatz Beteiligten prüfen, ob die Steuer umsatzsteuerrechtlich korrekt berechnet ist.

1 Problematik

Führt ein Unternehmer im Inland einen steuerbaren Umsatz (Lieferung, sonstige Leistung, innergemeinschaftlicher Erwerb oder Einfuhr) aus und unterliegt dieser Umsatz keiner Steuerbefreiung, muss geprüft werden, ob der Umsatz dem Regelsteuersatz, dem ermäßigten Steuersatz oder dem sog. Nullsteuersatz unterliegt. Systematisch ist dies in § 12 UStG einfach geregelt, es ist "nur" in 3 Schritten vorzugehen:

  • Ist der ausgeführte Umsatz in der abschließenden Aufzählung des § 12 Abs. 2 UStG und ggf. in der Anlage 2 zum UStG aufgeführt, unterliegt er dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
  • Wird eine Leistung im Zusammenhang mit einer begünstigten Photovoltaikanlage nach § 12 Abs. 3 UStG ausgeführt, kommt der Steuersatz von 0 % zur Anwendung.
  • Ist der ausgeführte Umsatz nicht in der abschließenden Aufzählung des § 12 Abs. 2 oder Abs. 3 UStG aufgeführt, unterliegt der Umsatz dem Regelsteuersatz von 19 %.
 
Wichtig

Steuersatz unabhängig von der Steuerschuldnerschaft

Die Prüfung des zutreffenden Steuersatzes ist nicht davon abhängig, wer der Schuldner der Umsatzsteuer ist. Zu wirtschaftlichen Problemen wird es aber regelmäßig nur dann kommen, wenn der leistende Unternehmer der Schuldner der Umsatzsteuer nach § 13a UStG ist.[1]

Irrt sich der leistende Unternehmer über den anzuwendenden Steuersatz, können sich – soweit die Beteiligten den Fehler nicht zeitnah zur Ausstellung der Rechnung feststellen – je nach Art des Fehlers nachteilige wirtschaftliche Folgen für den leistenden Unternehmer oder für seinen Leistungsempfänger ergeben. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Leistungsempfänger ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer oder eine nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Person ist.

  1. Der leistende Unternehmer berechnet 19 % Umsatzsteuer, korrekt wären aber nur 7 %:

    • Der leistende Unternehmer schuldet aus allem, was er von dem Leistungsempfänger erhält oder erhalten soll 7 % Umsatzsteuer. Die Differenz zur ausgewiesenen Umsatzsteuer schuldet der leistende Unternehmer nach § 14c Abs. 1 UStG. Die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer wird aber dann nicht geschuldet, wenn der Leistungsempfänger (nachweisbar) ein Endverbraucher ist, da dann keine Gefährdung für das Steueraufkommen besteht.[2]
    • Der zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger kann aber nur die nach Gesetz vom Leistenden für diesen Umsatz geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer ist nicht abzugsfähig.
    • Ist der Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, ergeben sich für ihn zwar keine umsatzsteuerrechtlichen Folgen, er hat aber einen zu hohen Preis für die erhaltene Leistung entrichtet.

       
      Praxis-Beispiel

      Lieferung ermäßigt besteuerter Ware mit 19 % gesondert ausgewiesener USt

      Unternehmer A liefert ein Fachbuch an Steuerberater S für 100 EUR zzgl. gesondert ausgewiesener 19 % Umsatzsteuer. S bezahlt auch 119 EUR an A.

      A führt eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung aus, die dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegt.[3] Da S die angeforderten 119 EUR bezahlt, schuldet A daraus 7 % = 7,79 EUR; die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG beträgt 111,21 EUR. Die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer i. H. v. (19 EUR ./. 7,79 EUR =) 11,21 EUR schuldet A nach § 14c Abs. 1 UStG. Da S Unternehmer ist, besteht auch eine Gefährdung des Steueraufkommens. S ist aber nur i. H. v. 7,79 EUR zum Vorsteuerabzug berechtigt, da dies der gesetzlich für den Umsatz geschuldeten Umsatzsteuer entspricht.[4]

       
      Hinweis

      Korrektur oder Direktanspruch prüfen

      Der leistende Unternehmer kann die Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen. Kann dies nicht durchgeführt werden, z. B. weil der leistende Unternehmer insolvent ist oder weil er sich auf Verjährung beruft, muss ein sog. "Direktanspruch"[5] geprüft werden. In diesem Fall – wenn sichergestellt ist, dass der leistende Unternehmer den überhöhten Steuerbetrag auch an das Finanzamt gezahlt hat – kann die Differenz von der Finanzverwaltung eingefordert werden. Die Finanzverwaltung[6] vertritt hier aber (noch) eine sehr restriktive Auffassung, die mit der aktuellen Rechtsprechung des EuGH nicht im Einklang steht.

  2. Der leistende Unternehmer berechnet 7 % Umsatzsteuer, korrekt wären aber 19 %:

    • Der leistende Unternehmer schuldet aus allem, was er von dem Leistungsempfänger erhält oder erhalten soll 19 % Umsatzsteuer. Der Ne...

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