Leitsatz

Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, zur Anschaffung von Anteilen an offenen Aktienfonds genutzt, liegt eine steuerschädliche Verwendung des Darlehens vor. Die Zinsen aus den Lebensversicherungen sind daher in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger nahm im Streitjahr 2000 bei seiner Versicherungsgesellschaft zwei Darlehen über 105.450 und 50.000 DM auf, die er mit seinen Lebensversicherungen bei dieser Gesellschaft besicherte. Mit der Darlehensvaluta erwarb er Anteile an offenen Aktienfonds.

Das FA stellte die steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherungsansprüche und damit der darauf entfallenden Zinsen gesondert fest.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision gegen das Klage abweisende Urteil des FG als unbegründet ab. Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Beiträge zu den als Sicherheiten eingesetzten Lebensversicherungen seien nicht gegeben. Mithin seien auch die Zinsen aus den in den Beiträgen zu den Lebensversicherungen enthaltenen Sparanteilen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung hat nur noch für die Vielzahl der Altverträge Bedeutung, da durch das Alterseinkünftegesetz § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG für nach dem 31.12.2004 abgeschlossene Neuverträge inhaltlich geändert worden ist (vgl. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG, dazu Risthaus, DStZ 2007, 30 f.).

Grundsätzlich waren bei Altverträgen außerrechnungs- und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig.

2. Ausnahmsweise waren die Zinsen steuerbefreit, wenn die Beiträge zu den Versicherungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG abziehbar waren (grdl. BFH, Urteil vom 13.7.2004, VIII R 48/02, BFH-PR 2004, 469).

3. Finanzierungskosten für Darlehen zum Erwerb von Aktienfondsanteilen sind als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehbar, sodass ihr Abzug als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist.

4. Auch der Ausnahmetatbestand nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG ist nur erfüllt, wenn ein Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das zum einen dauerhaft zur Erzielung von Einkünften bestimmt ist, zum anderen keine Forderung ist.

5. Werden Anteile an einem offenen Aktienfonds mit Darlehen erworben und die Darlehen mittels Lebensversicherungen abgesichert, so geht die Verwaltung (BMF, Schreiben vom 15.6.2000, BStBl I 2000, 1118 Rz. 12 und 13) und ihm zustimmend der BFH typisierend davon aus (vgl. auch § 8 KAGG, jetzt § 2 Abs. 4 i.V.m. §§ 46 ff. InvG), dass das Vermögen eines offenen Aktienfonds neben Aktien und GmbH-Anteilen auch Kapitalforderungen enthält, an denen der Steuerpflichtige anteilig beteiligt ist. Damit ist aber der darlehensweise Anteilserwerb hinsichtlich der Zinsen aus den Lebensversicherungen steuerschädlich.

6. Mit dem Erwerb von Anteilen an offenen Aktienfonds erhält der Erwerber Anteile an dem Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft (§ 6 KAGG; jetzt § 2 InvG). Anders als bei Anteilen an einer AG oder GmbH, denen ihr Vermögen als juristischen Personen eigenständig zuzurechnen ist, wird der Anleger an einem Sondervermögen beteiligt und erwirbt Bruchteilseigentum entsprechend seiner Beteiligungsquote. Insoweit ist es unerheblich, ob das Rechtsverhältnis als Treuhand- oder als Miteigentumslösung ausgestaltet ist. In beiden Fällen sind die Anteilsinhaber wirtschaftlich Eigentümer.

7. Der BFH (Urteil in BStBl II 2004, 1060) hat eine Aufteilung in steuerschädliche (soweit die Zinsen auf Forderungen entfallen) und steuerunschädliche Teile grundsätzlich ausgeschlossen, vielmehr in vollem Umfang eine zur Steuerpflicht führende steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherungen angenommen.

8. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben in BStBl I 200, 1118 Rz. 11 und 24) lässt demgegenüber beim darlehensweisen, unter Einsatz von Lebensversicherungen abgesicherten Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften oder Grundstücksgemeinschaften oder von (Teil-)Betrieben, eine verhältnismäßige Aufteilung zu und behandelt nur den Teil des Kaufpreises, der auf Forderungen entfällt, als steuerschädlich.

9. Der BFH lässt offen, ob er dieser ihn nicht bindenden Billigkeitsregelung überhaupt folgen könnte. Jedenfalls sieht er bei einem Sachverhalt wie im Streitfall eine derartige Aufteilung in der Praxis als nicht durchführbar an. Zudem schließt der BMF (a.a.O., Rz. 25) selbst eine Anwendung dieser über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Ausnahmeregelung auf offene Aktien- oder Immobilienfonds aus.

10. Nach § 9 der VO über die gesonderte F...

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