Meist sind die Ermittlungen des Finanzamts mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung[1] verbunden, der sich zunächst gegen beide Eheleute richtet, da sie die entsprechenden Steuererklärungen unterschrieben haben. Steuerhinterziehung setzt voraus, dass der Finanzbehörde gegenüber vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder diese pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wurde.

Der Vorwurf ist insofern problematisch, als die Steuerpflichtigen in den betreffenden Steuererklärungsvordrucken lediglich die Zusammenveranlagung beantragten; es ist lediglich im Vordruck bei dem Wort "Zusammenveranlagung" ein Kreuz eingetragen worden.

Es ist fraglich, ob die bloße Stellung eines Antrags impliziert, dass damit auch konkludent unrichtige Angaben i. S. v. § 370 AO zu den Antragsvoraussetzungen gemacht werden. Unrichtig sind jedoch die Angaben zum Wohnort, wenn trotz dauernden Getrenntlebens nur eine Wohnanschrift – häufig die der Ehefrau – angegeben wurde.

Die Entscheidung über das Vorliegen der steuerlichen Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung erfordert darüber hinaus eine rechtliche Subsumtion; insofern kann nicht unterstellt werden, dass den Steuerpflichtigen die Rechtsprechung des BFH zur ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bekannt ist.

Nach Aufdeckung der Sachverhalte wird häufig von den Ehemännern darauf verwiesen, dass sie in vollem Umfang die wirtschaftlichen Lasten für ihre Ehefrau und die ehelichen Kinder tragen und dass nach wie vor die wesentlichen, die Familie betreffenden wirtschaftlichen und auch persönlichen Entscheidungen von beiden Ehegatten gemeinsam getroffen werden. Die räumliche Trennung wird – insbesondere von Steuerpflichtigen in Führungspositionen, die ohnehin häufig von zu Hause abwesend sind – als sekundär angesehen.

Die Rechtsprechung des BFH mit der Folge der Versagung des Splitting-Tarifs erscheint diesen Steuerpflichtigen insofern als nicht nachvollziehbar, als sie darauf verweisen, dass sie gewissermaßen nicht nur einer, sondern sogar 2 Partnerinnen (Ehefrau und Lebensgefährtin) gegenüber ihren Unterhaltsverpflichtungen nachkommen.

Diese Argumentation der betroffenen Personen ist strafrechtlich insofern relevant, als der Vorwurf der Steuerhinterziehung nach ständiger Rechtsprechung voraussetzt, dass der Täter die steuerrechtliche Rechtslage zutreffend erfasst und den Steueranspruch wissentlich verkürzen will; der Irrtum über die steuerrechtliche Rechtslage bedeutet einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum.[2]

[2] BGH, Urteil v. 23.4.1986, 3 StR 57/86, wistra 1986 S. 220

BayOblG, Urteil v. 20.7.1992, RReg 4 St 190/91, ZfZ 1992 S. 362.

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