Leitsatz

Der Einwendungsausschluss nach § 166 AO kann auch zu Lasten eines vom Steuerpflichtigen beauftragten – und für die Steuerschuld haftenden – Rechtsanwalts wirken, wenn er mangels entgegenstehender Weisung in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Bevollmächtigter anzufechten.

 

Normenkette

§ 166 AO, § 14c UStG, Art. 203 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Das FA nimmt den Kläger als Haftungsschuldner für Steuerschulden einer GmbH als Rechtsnachfolger einer KG gemäß § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch. Der Kläger war seit Gründung der KG bis zu seinem Austritt im Jahr 2013 Kommanditist der KG. Nach der Steuerbilanz der KG zum 31.12.2008 hatte der Kläger eine Kommanditeinlage i.H.v. 10.000 EUR nicht einbezahlt.

Mangels Umsatzsteuererklärung der KG für das Jahr 2009 schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO und erließ am 18.3.2014 einen Umsatzsteuerbescheid. Dieser war Gegenstand eines erfolglos geführten Klageverfahrens. Bevollmächtigter der KG war der Kläger.

Den am 10.7.2014 gegen den Kläger erlassenen Haftungsbescheid beschränkte das FA auf die Höhe der nicht eingezahlten Kommanditeinlage von 10.000 EUR. Einspruch und Klage zum FG gegen den Haftungsbescheid hatten keinen Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 10.5.2017, 1 K 21/17, Haufe-Index 11469669).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Das FG habe zu Recht auch entschieden, dass der Kläger mit seinen Einwendungen gegen die Steuerschuld mangels Nachweises einer Weisung, die der Anfechtung entgegenstand, präkludiert ist.

 

Hinweis

1. Bei der Haftung eines Kommanditisten gemäß § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 171 Abs. 1 HGB kann der Einwendungsausschluss nach § 166 AO zulasten des Haftenden anzuwenden sein.

a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

b) In seiner Eigenschaft als Kommanditist kann den Haftenden dieser Einwendungsausschluss nicht treffen, da er für die KG nach § 164 HGB weder geschäftsführungs- noch vertretungsbefugt ist. Möglich ist aber eine Anwendung von § 166 AO auf der Grundlage einer gesonderten Bevollmächtigung des Kommanditisten zur Vertretung der KG.

2. Eine derartige, zum Einwendungsausschluss führende Bevollmächtigung kann sich daraus ergeben, dass der Kommanditist die KG anwaltlich vertritt.

a) § 166 AO setzt voraus, dass der Vertreter oder Bevollmächtigte zu einer Anfechtung "in der Lage gewesen wäre". Erforderlich ist daher, dass er aufgrund des Vertretungsverhältnisses zur Anfechtung rechtlich in der Lage war. Daher ist § 166 AO unanwendbar, wenn Bindungen im Innenverhältnis den Vertreter an der Einlegung des Rechtsbehelfs hindern.

b) Hierfür lässt es der BFH ausreichen, dass der von der KG beauftragte Rechtsanwalt mangels entgegenstehender Weisung in der Lage gewesen wäre, den gegen der KG erlassenen Bescheid als dessen Bevollmächtigter anzufechten. Soll der Einwendungsausschluss nach § 166 AO vermieden werden, kommt es auf den Nachweis einer Weisung an, die der Anfechtung entgegenstand.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.2.2019 – V R 68/17

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