Leitsatz

Nach einer öffentlich-rechtlichen Satzung geleistete pauschale Reisekostenvergütungen an politische Mandatsträger (hier: Fraktionsvorsitzende im Kreistag) können auch ohne Einzelnachweis gegenüber dem FA nach § 3 Nr. 13 EStG steuerbefreit sein, sofern die Pauschale die tatsächlich entstandenen Reiseaufwendungen nicht ersichtlich übersteigt.

 

Normenkette

§ 3 Nrn. 12, 13, § 3c Abs. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, § 4, § 18 BRKG a.F., § 9 Abs. 2 BRKG n.F.

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Kreistagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender im Kreistag hatte eine pauschale Reisekostenvergütung erhalten, die auf der Entschädigungssatzung des Landkreises beruhte. Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 09.03.2005, 3 K 10761/00, Haufe-Index 1644185) sah die gezahlte Reisekostenvergütung als steuerpflichtig an, weil sie nicht nach den Regelungen der Reisekostengesetze gezahlt, also nicht für tatsächlich gefahrene Kilometer abgerechnet worden sei.

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Zu Unrecht habe das FG die Steuerbefreiung deshalb ausgeschlossen, weil die Reisekostenvergütung nicht nach den Reisekostengesetzen gewährt worden war. Das FG werde im zweiten Rechtsgang prüfen müssen, ob dem Kläger dem Grund nach Betriebsausgaben durch Fahrtkosten erwachsen sind und ob der Fahrtkostenersatz den Aufwand des Klägers ersichtlich übersteigt.

Von einer zu hohen Vergütung sei jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn sich die Ermittlung der dem Fahrtkostenersatz zugrunde liegenden Durchschnittskosten durch den Kreistag als zutreffend erweisen sollte. Andernfalls sei zu prüfen, ob bei einer Ermittlung der Einkünfte aus der Reisekostenvergütung Betriebsausgaben zu schätzen sind.

 

Hinweis

Die Vorschrift des § 3 Nr. 13 EStG gehört zu den sogenannten Vereinfachungsbefreiungen. Das heißt: Die Rechtfertigung der Steuerbefreiung liegt darin, dass den Einnahmen typischerweise entsprechende Betriebsausgaben oder Werbungskosten gegenüberstehen. Die Vorschrift will vermeiden, dass sämtliche Aufwendungen im Einzelnen vom Steuerpflichtigen nachgewiesen und von der Finanzverwaltung überprüft werden müssen.

Daraus ergibt sich für die Rechtsprechung ein Dilemma: Werden die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift zu großzügig gehandhabt, dann verliert die Steuerbefreiung ihre Rechtfertigung, weil den Einnahmen keine korrespondierenden Ausgaben gegenüberstehen. Es besteht dann die Gefahr, dass die Vorschrift sich mindestens teilweise zu einem verfassungsrechtlich nicht unbedenklichen Steuerprivileg entwickelt.

Ist die Rechtsprechung hingegen zu pingelig und dringt sie zu intensiv auf eine Kontrolle der tatsächlich entstandenen Aufwendungen, dann wird der Vereinfachungszweck der Vorschrift unterlaufen.

In diesem Fall hat der BFH in zwei Punkten für Klarheit gesorgt:

1.§ 3 Nr. 13 EStG ist in seiner heutigen Fassung nicht an andere Rechtsnormen, insbesondere nicht an die Reisekostengesetze gebunden. Andere Rechtsgrundlagen für die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen (wie im Streitfall die niedersächsische Landkreisordnung) reichen grundsätzlich für die Steuerbefreiung aus.

2. Ihrem Vereinfachungszweck entsprechend verlangt die Vorschrift des § 3 Nr. 13 EStG vom Steuerpflichtigen keinen Einzelnachweis der entstandenen Kosten. Vielmehr reicht es aus, wenn sich der Reisekostenersatz oder die Reisekostenvergütung am tatsächlichen Aufwand orientiert. Als Maßstab kommt insoweit auch eine an den Regelungen des BRKG orientierte Kostenermittlung in Betracht.

Für die Bezieher von Reisekostenvergütungen der vorliegenden Art dürfte es sich daher empfehlen, insoweit von vornherein Beweisvorsorge zu treffen und die Maßstäbe, die den gewährten Reisekostenvergütungen zugrunde liegen, zu dokumentieren. Ferner ist es sinnvoll, Nachweise für die tatsächlich entstandenen Reisekosten vorzuhalten, dies auch für den Fall, dass Betriebsausgaben oder Werbungskosten ermittelt (oder geschätzt) werden müssen, falls die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt werden können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.10.2008 – VIII R 58/06

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