Die Anordnung des Arrests setzt einen Arrestanspruch und das Vorliegen eines Arrestgrunds voraus.[1]

1.1 Arrestanspruch – Entstehen des Steueranspruchs ist ausreichend

Steueransprüche müssen noch nicht fällig sein oder zahlenmäßig feststehen, es genügt, dass sie entstanden sind. Nach § 38 AO entstehen Ansprüche aus den Steuerschuldverhältnissen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Der Steuerarrest kann bereits dann angeordnet werden, wenn der Steueranspruch zwar noch nicht endgültig festgestellt werden kann, für sein Bestehen aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht. Überzogene Anforderungen dürfen an die Ermittlungspflicht nicht gestellt werden.[1]

Auch die Haftungsschuld entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Entstehung der Haftung knüpft. Zwar ist der Haftungstatbestand abhängig von einer entstandenen Hauptschuld; dies bedeutet jedoch nicht, dass bei Inanspruchnahme des Haftungsschuldners die Steuerschuld gegen den Steuerschuldner festgesetzt sein muss.[2]

Zur Haftung des faktischen Geschäftsführers müssen zusätzlich die Voraussetzungen der faktischen Geschäftsführung erfüllt sein. Eine solche liegt vor, wenn von den 8 klassischen Merkmalen im Kernbereich der Geschäftsführung mindestens 6 erfüllt sind.[3] Die 8 klassischen Merkmale sind:

  • Bestimmung der Unternehmenspolitik,
  • Unternehmensorganisation,
  • Einstellung von Mitarbeitern,
  • Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern,
  • Verhandlungen mit Kreditgebern,
  • Gehaltshöhe,
  • Entscheidung der Steuerangelegenheiten,
  • Steuerung der Buchhaltung.
[1] BGH, Urteil v. 3.10.1985, III ZR 28/84, NJW 1986 S. 2952.
[2] Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 38 Anm. 80.
[3] BayOblG, Urteil v. 20.2.1997, 5 St RR 159/96, BB 1997 S. 850.

1.2 Steuerpflichtiger muss als steuerlich unzuverlässig gelten

Der Arrestgrund beinhaltet die Befürchtung, dass die Vollstreckung der später rechtskräftig festgesetzten Steuerforderung ohne die Anordnung des Arrests vereitelt oder wesentlich erschwert wird.[1]

Ein Sicherstellungsbedürfnis (Arrestgrund) liegt z. B. bei folgenden Fall-Konstellationen vor:

  • Verbringen von Vermögen ins Ausland,
  • Vernichten von Geschäftsbüchern,
  • Führen eines Betriebs unter falschem Namen; Fingieren von Vorsteuern durch Scheinrechnungen,
  • häufiger, dem Finanzamt nicht angezeigter Wohnsitzwechsel in Verbindung mit der Nichtabgabe von Steuererklärungen.[2]

Der dringende Verdacht der Steuerhinterziehung allein ist noch nicht ausreichend, vielmehr sind weitere Indizien erforderlich (Leerräumen von Bankkonten im Anschluss an die Steuerfahndungsprüfung, Vorbereitung des Wegzugs ins Ausland o. ä.). Insgesamt ist eine Arrestanordnung immer dann gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige als steuerlich unzuverlässig zu gelten hat. Der Arrest soll nicht nur die Vollstreckungsmöglichkeit als solche (den Vollstreckungserfolg), sondern gerade auch die Leichtigkeit der Vollstreckung, d. h. den schnellen und unmittelbaren Zugriff auf einzelne Vermögensgegenstände des Steuerpflichtigen gewährleisten.[3]

Schlechte Vermögensverhältnisse oder die drohende Gläubigerkonkurrenz in einem möglichen Insolvenzverfahren sind keine Arrestgründe. Dagegen ist die nachhaltige Schmälerung des Betriebsvermögens durch die Einbuchung von Scheinrechnungen geeignet, einen Arrest i. S. d. § 324 Abs. 1 Satz 1 AO zu rechtfertigen.[4] Steuerpflichtige, die aus einem anrüchigen Milieu stammen (z. B. Rotlicht, Baubranche mit dem latenten Risiko der Unterstellung von Schwarzarbeit bzw. Umdeutung von Subunternehmer in Scheinselbständige, Gaststättengewerbe, Kapitalanlagebranche), die potentielle Arrestschuldner im Visier des Fiskus sind, deponieren bereits vorsorglich den Großteil eines Vermögens auf ausländischen Bankkonten, die äußerst schwierig für den deutschen Fiskus im Wege der internationalen Rechts- und Amtshilfe zu erreichen sind.

 
Wichtig

Arrestgrund muss während der gesamten Dauer des Arrests vorliegen

Der Arrestgrund muss während der gesamten Dauer des Arrests vorliegen. Stellt sich heraus, dass eine Gefahr für die spätere Zwangsvollstreckung nicht mehr besteht, z. B. weil der Steuerpflichtige anderweitige Sicherheit leistet oder sich entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nicht ins Ausland absetzen will, muss der Arrest aufgehoben werden. Ebenso muss der Arrest reduziert werden, falls sich im weiteren Straf- und Besteuerungsverfahren herausstellen sollte, dass sich Feststellungen der Höhe nach nicht mehr halten lassen.

Der Arrest dient der Sicherung einer bestimmten Steuerforderung. Ein Austausch der zu sichernden Steuerforderung (des Arrestanspruchs) ist nicht möglich.[5]

Nach finanzgerichtlicher Rechtsprechung darf ein Arrest wegen Einkommensteuern zusammenveranlagter Ehegatten gegen jeden Ehegatten nur i. H. d. auf ihn entfallenden Einkommensteuer angeordnet werden, sodass das Finanzamt vor Erlass eines Arrestes eine Aufteilung der Einkommensteuer-Gesamtschuld durchzuführen hat. Hierbei bedarf es nicht der vorherigen oder – zusammen mit der Arrestanordnung – gleichzeitigen Bekanntgabe eines Aufteilungsbescheids,...

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