Sachverhalt

Bei dem niederländischen Verfahren ging es um die Auslegung der Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL). Danach ist u. a. eine Vermittlungsleistung, die sich auf Umsätze mit Wertpapieren bezieht (mit Ausnahme von Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie = Art. 15 Abs. 2 MwStSystRL), steuerbefreit. Nach Art. 5 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 15 Abs. 2 MwStSystRL) können die Mitgliedstaaten die dort bestimmten Rechte als Liefergegenstände betrachten, wozu nach Buchst. c der Vorschrift auch Aktien gehören, deren Besitz das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück oder Grundstücksteil begründet. Im Ausgangsverfahren war fraglich, ob die Vermittlung des Verkaufs von Gesellschaftsanteilen zum alleinigen Zweck der Übertragung eines Grundstücks auch unter die Steuerbefreiung fällt. Die Niederlande haben von der Möglichkeit nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 15 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL) keinen Gebrauch gemacht.

Die Klägerin erbringt Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken einschließlich Verwaltung, Beratung und Maklergeschäft. Eine Gesellschaft S hielt sämtliche Anteile an einer Gesellschaft H, der ein Bürokomplex gehörte. S beauftragte die Klägerin mit der Suche nach Kaufinteressenten für diesen Bürokomplex. Es wurde zunächst offen gelassen, ob das Eigentum an dem Komplex oder das Eigentum an den Anteilen von H übertragen werden sollte. Die Klägerin vermittelte einen Kaufinteressenten, an den die Anteile an H (und nicht der Bürokomplex) verkauft und übertragen wurden. Die Klägerin behandelte ihre Vermittlungsleistungen steuerfrei nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. i Nr. 2 der Wet op de omzetbelasting 1968 (UStG 1968). Außerdem seien ihre Leistungen nicht steuerbar, wenn der Auftraggeber seinen Sitz nicht in den Niederlanden habe (Art. 6 Abs. 2 Buchst. d Nr. 3 UStG 1968).

Der vorinstanzliche Gerechtshof hatte entschieden, dass die Leistungen der Klägerin nicht als Vermittlung der Übertragung von Aktien angesehen werden könnten. Die Leistungen beträfen Grundstücke und seien gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. a UStG in den Niederlanden erbracht worden.

Die Klägerin führte an, dass ihre Leistungen von Anfang an auf ein Geschäft durch Aktienübertragung gerichtet und nicht die Übertragung der Grundstücke selbst beabsichtigt gewesen sei. Ihre Leistungen seien steuerfrei als Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Aktien.

Der EuGH hatte zu prüfen, ob Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie auch Umsätze erfasst, die auf die Übertragung von Aktien gerichtet sind und zu diesem Ergebnis führen, die aber letztlich von den Gesellschaften (deren Stammkapital in Form von Aktien übertragen wird) gehaltene Immobilien und deren (mittelbare) Übertragung betreffen und ob die in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 zweiter Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie vorgesehene Ausnahme von der Befreiung auch dann gilt, wenn der Mitgliedstaat von der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie geregelten Möglichkeit, Anteilrechte und Aktien, deren Besitz rechtlich oder tatsächlich das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem Grundstück begründet, als körperliche Gegenstände zu betrachten, keinen Gebrauch gemacht hat.

 

Entscheidung

Der EuGH hat seine frühere Rechtsprechung bestätigt, dass für die Beurteilung einer Leistung auf den Inhalt der Tätigkeit abzustellen ist. Er geht davon aus, dass im vorliegenden Fall objektiv eine Aktienübertragung vorgenommen wurde bzw. diese Übertragung vermittelt wurde. Die damit verbundene (mittelbare) Übertragung von Immobilien ist für die Beurteilung des Umsatzes unerheblich. Somit lag grundsätzlich ein steuerfreier Vermittlungsumsatz im Geschäft mit Aktien vor.

Die in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie geregelte Ausnahme von der Steuerbefreiung betreffend die Umsätze mit Rechten oder Wertpapieren im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie kommt nach dem EuGH-Urteil im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Der EuGH bestätigt hierzu seine bisherige Rechtsprechung. Danach können die Mitgliedstaaten von der ihnen in Art. 5 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie eingeräumten Wahlmöglichkeit freien Gebrauch machen, d.h. auch die genannten Rechte nur teilweise einem körperlichen Gegenstand gleichstellen (vgl. EuGH, Urteil v. 4.10.2001, C-326/99 (Goed Wonen), EuGHE 2001, I-6831, Randnr. 34). Daraus folgt jedoch, dass der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 zweiter Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie enthaltene Verweis auf Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie nicht sämtliche in dieser Vorschrift genannten Rechte oder Wertpapiere betrifft, unabhängig davon, inwieweit ein Mitgliedstaat von der ihm darin eingeräumten Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hat oder nicht. Der EuGH bezieht sich insoweit auf die Entstehungsgeschichte der 6. EG-Richtlinie. Der entsprechende Kommissionsvorschlag (KOM[73] 950 endg.) sah in einem Art. 5 Abs. 1 vor, dass Anteilrechte ...

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