Für die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte wurde mit § 1 Abs. 5 AStG der sog. Authorised OECD Approach (AOA), welcher eine Selbstständigkeitsfiktion von Betriebsstätten vorsieht, in nationales Recht umgesetzt. Danach ist für Transaktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte grundsätzlich der Fremdvergleichsgrundsatz maßgebend. Konkretisiert wird die Norm des § 1 Abs. 5 AStG durch die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV). In Fällen von Bau- und Montagebetriebsstätten gilt gemäß § 32 BsGaV die Mitwirkung der Betriebsstätte an dem Bau- und Montagevertrag widerlegbar als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung. Diese soll als Dienstleistung der Bau- und Montagebetriebstätte gegenüber dem Stammhaus anzusehen sein und regelmäßig nach einer kostenorientieren Verrechnungspreismethode vergütet werden.

Sowohl das FG Nürnberg als auch das FG München entschieden, dass in den zugrundeliegenden Sachverhalten zwischen Stammhaus und Betriebsstätte kein Ansatz fiktiver Aufschlagsätze zu erfolgen hat, sondern lediglich Kosten erstattet werden sollten (FG Nürnberg, Urteil v. 27.9.2022, 1 K 1595/20 und FG München, Urteil v. 10.07.2023, 7 K 1938/22). Für das Vorliegen einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung i.S. des § 1 Abs. 5 AStG (ein sog. "Dealing") lagen keine Anhaltspunkte vor. Im Gegensatz zum Urteil des Nürnberger FG fällt die Begründung des FG München umfangreicher aus. Zudem stellt das FG München klar, dass es sich bei der Norm des § 1 Abs. 5 AStG nicht um eine Betriebsstättengewinnermittlungsvorschrift, sondern um eine Korrekturnorm handelt. Daher ist § 1 Abs. 5 AStG – mangels Einkünfteermittlungscharakter der Norm – für die Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen aus Außentransaktionen bedeutungslos.

 
Hinweis

Das Urteil des FG Nürnberg ist unter dem Az. I R 45/22 und das Urteil des FG München ist unter dem Az. I R 49/23 beim BFH anhängig. Der BFH wird sich insbesondere zum Verhältnis von § 1 Abs. 5 AStG i.V.m. § 1 Abs. 5 BsGaV und den allgemeinen Gewinnermittlungsregelungen im deutschen Steuerrecht äußern müssen. In vergleichbaren Fällen sollten Steuerpflichtige prüfen, die Verfahren offenzuhalten.

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