3.2.1 Handelsbilanzrecht

 

Rz. 38

Es ist zwischen der gezeichneten Einlage, der ausstehenden Einlage und dem von der ausstehenden Einlage eingeforderten bzw. noch nicht eingeforderten Teil der ausstehenden Einlage zu unterscheiden. Der noch nicht eingeforderte Teil der Einlage ist auf der Passivseite vom gezeichneten Kapital offen abzusetzen. Der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Teil ist unter den Forderungen gesondert auszuweisen (§ 272 Abs. 1 HGB).

3.2.1.1 Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft

 

Rz. 39

Für das Entstehen einer Kapitalgesellschaft ist die Eintragung in das Handelsregister konstitutiv. Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt. Um Missbrauch zu verhindern, muss die Erbringung und Erhaltung des Grund-/Stammkapitals dieser Gesellschaften besonders kontrolliert werden. Diese Kontrollvorschriften für die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung sind die zwingende Konsequenz der Haftungsbeschränkung. Gerade bei der Sachgründung ist die Werthaltigkeit der Einlage durch einen Sachgründungsbericht zu belegen (§ 5 Abs. 4 GmbHG, §§ 27 Abs. 1, 32 Abs. 2 AktG). Das Registergericht macht die Eintragung von der Einhaltung der Gründungsvorschriften, insbesondere den Vorschriften zur Erbringung des Grundkapitals, abhängig (§ 9c Abs. 1 GmbHG, § 38 Abs. 2 AktG). Derzeit ist für Aktiengesellschaften ein Nennkapital von mindestens 50.000 EUR (§ 7 AktG) und bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung von mindestens 25.000 EUR (§ 5 GmbHG) vorgeschrieben.[1]

Aus diesem haftungsrechtlichen Zusammenhang ergibt sich, dass die Bewertung der Einlage bei einer Sachgründung sowohl gesellschaftsrechtliche als auch handelsbilanzrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen hat.[2]

[2] Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, N Rz. 75.

3.2.1.2 Überbewertung von Sacheinlagen

 

Rz. 40

Das Verbot der Unterpariemission (§ 9 Abs. 1 AktG) verlangt, dass die Einlage mindestens dem Wert des ausgewiesenen Nennkapitals entspricht.[1] Eine nicht unwesentliche Überbewertung der Einlage ist unzulässig und führt zur Ablehnung der Eintragung durch das Registergericht (§ 9c Abs. 1 GmbHG, § 38 Abs. 2 AktG). Sofern der Wert der Sacheinlage hinter dem Nennbetrag der auszugebenden Anteile zurückbleibt, hat der Gesellschafter in Höhe des Fehlbetrags eine Einlage in Geld (Differenzhaftung) zu leisten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GmbHG).

[1] Vgl. Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 5 Rz. 8; Koch, in Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 15. Aufl. 2021, § 9 Rz. 2 und § 36a Rz. 6.

3.2.1.3 Unterbewertung von Sacheinlagen

 

Rz. 41

Unproblematisch ist es, wenn der Wert der Sacheinlage das mit den neuen Anteilen verbundene Nennkapital übersteigt (§ 9 Abs. 2 AktG). Ein solches Aufgeld/Agio hat den gesellschaftsrechtlichen Vorteil, dass die Haftungsrisiken aus einer unbeabsichtigten Einlagenrückgewähr verhindert werden. Der den Nennbetrag übersteigende Betrag, auch Agio genannt, ist als Kapitalrücklage auszuweisen (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB).

Umstritten ist allerdings, ob auf den Ausweis der Kapitalrücklage verzichtet werden kann, indem die Sacheinlage in der Gründungsbilanz unterbewertet wird.[1] Teilweise wird eine Unterbewertung der Sacheinlage für zulässig gehalten.[2]

Gegen die Unterbewertung sprechen jedoch gewichtige Gründe. Wird die Einlage mit einem geringeren Wert als dem Zeitwert bewertet, werden willkürlich stille Reserven gelegt. Durch eine solche Unterbewertung wird bereits bei der Gründung das wahre Vermögen der Gesellschaft verschleiert. Nicht der Nennbetrag bzw. Ausgabebetrag ist für die Bewertung der Sacheinlage maßgeblich. Es verhält sich umgekehrt. Der Zeitwert der Sacheinlage bestimmt den relevanten Ausgabebetrag (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Zusätzlich zu dem Informationsverlust in der Bilanz wird auch die Aussagekraft der Gewinn- und Verlustrechnung verfälscht. Die künftigen Gewinne werden zu hoch ausgewiesen, da ihnen ein zu geringer Abschreibungsaufwand zugrunde liegt. Außerdem kann durch die Veräußerung des unterbewerteten Einlageguts ein außerordentlicher Gewinn erzielt werden.[3] In der weiteren Konsequenz würde dies eine Ausschüttung von Scheingewinnen ermöglichen.[4] Sofern bei der Gründung einer Gesellschaft eine Sacheinlage nicht zum Zeitwert, sondern mit einem geringeren Wert angesetzt wird, verfälscht dies also das "den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" im Sinne des § 264 Abs. 2 HGB. Im Übrigen wird durch die Unterbewertung der Einlage und dem damit verbundenen geringen Eigenkapitalausweis die betriebswirtschaftliche Analyse der Unternehmung erschwert. Es ergibt sich eine zu hohe Eigenkapitalrentabilität und eine zu schlechte Eigenkapital-Fremdkapital-Relation.

Außerdem heißt es in § 272 Abs. 1 Nr. 1 HGB, dass in der Kapitalrücklage der Betrag zu erfassen ist, der über den Nennbetrag "hinaus erzielt wird". Auch wenn das "stille Aufgeld" in der Praxis üblich ist, so steht es trotzdem im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut.

Die Sacheinlage ist zum Zeitwert (objektiver Wert) zu bewerten.

 

Rz. 42

Ein Argument für die Zulässigkeit einer handelsrechtlichen ...

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