7.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 135

Zum 1.1.1980 war gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage die Steuerbefreiung für die Umsätze von Wertpapieren wegen des engen wirtschaftlichen Zusammenhangs auf Optionsgeschäfte mit Wertpapieren ausgedehnt worden; dies entsprach der bis dahin geltenden Verwaltungspraxis.[1] Außerdem war – zur Klarstellung – das Wort "Depotgeschäft" eingefügt worden. Hierdurch wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Vermögensverwaltung in Bezug auf Wertpapiere nicht von der USt befreit ist.[2]

 

Rz. 136

Bis zum 31.12.1990 hatte die Vorschrift danach folgende Fassung:

Zitat

e) die Umsätze von Wertpapieren und die Optionsgeschäfte mit Wertpapieren, die Vermittlung dieser Umsätze, die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (Depotgeschäft) sowie die sonstigen Leistungen im Emissionsgeschäft.

 

Rz. 137

Durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b des Zweiten Gesetzes zur Änderung des UStG v. 30.3.1990[3] war § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG mWv 1.1.1991 neu gefasst worden. Seit diesem Zeitpunkt hat die Vorschrift die heute gültige Fassung. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung[4] musste die Steuerbefreiung für die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren aus EU-rechtlichen Gründen aufgehoben werden. Zwar konnten diese Leistungen während einer Übergangszeit von den EU-Mitgliedstaaten noch steuerfrei gestellt werden.[5] Diese Übergangsregelung war jedoch durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der 18. EG-Richtlinie v. 18.7.1989[6] mWv 1.1.1991 aufgehoben worden. Im Zuge der dadurch bedingten Neufassung von § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG wurde die Vorschrift außerdem an den Wortlaut von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) angeglichen. Entsprechend dem Unionsrecht wurde davon abgesehen, die steuerfreien Umsätze einzeln aufzuführen. Stattdessen wurde der Umfang der Steuerbefreiung in allgemeiner Form bestimmt. Die bis dahin einzeln aufgeführten Umsätze sollten jedoch weiterhin steuerfrei bleiben. Es wurde aber auch zum Ausdruck gebracht, dass neben den bis dahin ausdrücklich befreiten Umsätzen entsprechend dem Unionsrecht auch weitere Umsätze für die Steuerfreiheit in Betracht kommen können.[7]

[1] Begründung des Entwurfs eines UStG v. 15.3.1978, BR-Drs. 145/78, BT-Drs. 8/1779, zu § 4 Nr. 8 UStG.
[2] BMF v. 12.5.1980, BStBl I 1980, 238.
[3] BGBl I 1990, 597, BStBl I 1990, 213.
[4] BT-Drs. 11/6174.
[5] Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i. V. m. Anhang F Nr. 15 der 6. EG-Richtlinie.
[6] Richtlinie 89/465/EWG, ABl. EG 1989 Nr. L 226, 21.
[7] Vgl. amtliche Gesetzesbegründung, BT-Drs. 11/6174.

7.2 Umsätze von Wertpapieren

 

Rz. 138

Wertpapiere sind Urkunden, an die ein Vermögensrecht dergestalt geknüpft ist, wobei die Geltendmachung des Rechts von der Verfügungsgewalt über die Urkunde abhängt. Dieser umfassende zivilrechtliche Begriff des Wertpapiers wurde für das Umsatzsteuerrecht nur eingeschränkt übernommen, weil das gesetzgeberische Motiv des § 4 Nr. 8 UStG, mit der Befreiung der Wertpapierumsätze Doppelbesteuerungen nach dem inzwischen aufgehobenen Kapitalverkehrssteuergesetz (KVStG) auszuschließen, nur für die dort erfassten Sachverhalte zutraf.[1] Der Inhalt der Steuerbefreiung wurde durch die Aufhebung des KVStG nicht berührt. Karten (sog. Grantoncards), die dem Besitzer Anspruch auf einen Preisnachlass bei Bestellungen bei oder in den auf der betreffenden Karte genannten Betrieben wie Restaurants, Kinos, Hotels, Saunen etc verschaffen, erfüllen den Wertpapierbegriff nicht. Vielmehr handelt es sich um unvollkommene Inhaberpapiere i. S. v. § 807 BGB, die ähnliche Funktionen erfüllen wie z. B. Fahrkarten von Verkehrsunternehmen, Eintrittskarten (Theater, Konzerte, Badeanstalten etc.), Quittungsscheine, Gutscheine (z. B. Benzingutscheine oder andere Warengutscheine).

 

Rz. 139

Demnach fallen unter die Befreiung als Umsätze von Schuldverschreibungen die Veräußerung von Pfandbriefen, Kommunalobligationen und anderen verzinslichen Inhaberschuldverschreibungen sowie von durch Indossament übertragenen Obligationen; als Umsätze von Dividendenwerten sind die Veräußerung von Aktien, Kuxen und anderen Anteilen an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften begünstigt. Zu den Wertpapieren beider Gruppen gehören ihre Annexe und Substitute wie Zins- und Gewinnanteilscheine sowie Interimsscheine. Die Übertragung von Aktien ist stets als sonstige Leistung zu verstehen.[2]

 

Rz. 140

Die Steuerbefreiung gilt auch für die mit dem Entgelt vereinnahmten Auslagenerstattungen, Gebühren, Provisionen und Zinsen sowie den Aufschlag bei der Ausgabe von Anteilsscheinen.

 

Rz. 141

Nach dem EuGH-Urteil v. 13.12.2001[3] ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL dahin auszulegen, dass der Ausdruck "Umsätze, die sich auf Wertpapiere beziehen", Umsätze betrifft, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen. Dies gilt jedoch nicht für alle Transaktionen mit Wertpapieren. Nachdem der EuGH bereits mit Urteil v. 26.6.2003[4] entschieden hatte, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschaf...

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