3.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 45

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG war bis zum 31.12.1995 auch die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten steuerfrei. Die Steuerbefreiung stützte sich bis zum 31.12.1990 auf die Übergangsregelung nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i. V. m. Anhang F Nr. 13 der 6. EG-Richtlinie. Diese Übergangsregelung war jedoch durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der 18. EG-Richtlinie[1] mWv 1.1.1991 aufgehoben worden. Durch die Entscheidung des Rates v. 23.11.1992[2] war Deutschland gem. Art. 27 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL) ermächtigt worden, die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten bis zum 31.12.1995 weiterhin von der Steuer zu befreien. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG, die ab 1.1.1991 zunächst unverändert beibehalten wurde, war damit EU-rechtlich abgesichert.

 

Rz. 46

Durch Art. 20 Nr. 7 Jahressteuergesetz 1996[3] wurde § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG mWv 1.1.1996 neu gefasst. Bis 31.12.1995 galt die Vorschrift in folgender Fassung: "die Gewährung, die Vermittlung und die Verwaltung von Krediten sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten".

[1] ABl. EG 1989 Nr. L 226, 21.
[2] ABl. EG 1992 Nr. L 351, 31.
[3] BStBl I 1996, 438, 583.

3.2 Steuerfreie Leistungen – Kreditgewährung

 

Rz. 47

Steuerfrei ist die Gewährung von Krediten und die Kreditbereitschaft einschließlich der Lombard- und Diskontgeschäfte gegen Zahlung eines besonderen Entgelts (Zinsen, Provisionen, Damnum, Gebühren usw.). Die Steuerbefreiung erfasst auch die unmittelbar mit der Kapitalnutzung zusammenhängenden Nebenleistungen, insbesondere den Auslagenersatz, z. B. Fernsprechgebühren, Portokosten, Schreib- und Buchungsgebühren, Auskunftsgebühren, Schätzgebühren und Fahrtkosten für die Besichtigung und Wertfeststellung des Sicherungsobjekts[1], Nichtabnahmeentschädigungen und Vorfälligkeitsentschädigungen bei Nichtabnahme eines Hypothekendarlehens oder bei dessen vorzeitiger Rückzahlung – soweit nicht Schadensersatz vorliegt.[2]

 

Rz. 48

Kreditgewährung bedeutet nach herkömmlicher Auffassung die Hingabe von Geld (Kapital) zur Nutzung, verbunden mit der Begründung eines Rückzahlungsanspruchs.[3] Diese Definition knüpft an den zivilrechtlichen Darlehensbegriff (§ 488 BGB) an, lässt aber unberücksichtigt, dass die Hingabe von Geld (oder entsprechenden Zahlungssurrogaten) schon nach bürgerlichem Recht nicht zu seinen Wesensmerkmalen gehört. Ein Darlehen kann auch durch bloße Vereinbarung dergestalt gewährt werden, dass eine bereits aus anderem Rechtsgrund bestehende Zahlungsverpflichtung, z. B eine Kaufpreisschuld, in eine Darlehensschuld umgewandelt wird. Überdies enthält der aus der Sprache des Wirtschaftslebens entnommene und schon deshalb wirtschaftlich zu interpretierende Begriff "Kreditgewährung" keine Bindung an den engeren, weil notwendigerweise formalen Darlehensbegriff des bürgerlichen Rechts.

 

Rz. 49

Wirtschaftlich gesehen ist es das Wesen jeder Kreditgewährung, dass der Kreditgeber dem Kreditnehmer auf Zeit die Nutzung eines Kapitals (und damit Kaufkraft) überlässt. Das muss nicht in jedem Fall durch die Übertragung von Zahlungsmitteln geschehen. Auch sog. Warenkredite (Teilzahlungszuschläge auf Warenlieferungen) fallen unter § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG.[4]

 

Rz. 50

Eine steuerbare Kreditgewährung liegt nur vor, wenn die Kapitalnutzung entgeltlich (z. B. gegen Zinsen) überlassen wird. Die Rückzahlung einer als Darlehen empfangenen Geldsumme ist kein Entgelt für die gewährte Kapitalnutzung, sondern steht – wie die Hingabe der Darlehenssumme – außerhalb des umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschs.

Dienstleistungen, die von einem Unterbeteiligten im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrages erbracht werden und darin bestehen, dass dem Originator – als Gegenleistung für die Auszahlung der Einnahmen aus den Forderungen, die in diesem Vertrag bezeichnet sind und im Vermögen des Originators verbleiben – eine Finanzierung gewährt wird, fallen unter den Begriff der Kreditgewährung i. S. d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL.[5] Der EuGH musste über den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungen für Finanzdienstleistungen, insbesondere Kreditgewährung und Kreditvermittlung, entscheiden. Er hat im Wesentlichen seine bisherige Rechtsprechung zur Steuerbefreiung einer Kreditgewährung bestätigt. Der Unterbeteiligte im Ausgangsverfahren erwarb keine zahlungsgestörten Forderungen auf eigenes Risiko zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis. Ferner wurde in Anbetracht der Besonderheiten des Unterbeteiligungsvertrags die Höhe der dem Originator gewährten Finanzierung im Allgemeinen anders bestimmt als der von einem Zessionar für eine Forderungsabtretung gezahlte Preis. Zwar besteht eine Kreditgewährung u. a. in der Überlassung von Kapital gegen Entgelt. Dieses Entgelt wird zwar grundsätzlich in Form von Zinsen gezahlt. Der EuGH hat aber nochmals bestätigt, dass ein Umsatz auch dann als Kreditgewährung i. S. v. Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL eingestuft werden kann, wenn die Gegenleistung in anderer Form erbracht wird.[6] So stellt z. B. die Vorfinanzierung des Kaufs v...

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