Rz. 29

Bei Kundenkreditkarten, die Unternehmer an ihre Kunden ausgeben, die zum bargeldlosen Einkaufen berechtigen, liegt hinsichtlich der Gebühren für diese Karten eine steuerfreie Kreditgewährung dieser Unternehmer vor.[1]

In seinem Urteil Auto Lease[2] hatte der EuGH in einem Fall der Nutzung von Tankkreditkarten festgestellt, dass im dortigen Ausgangsverfahren die Mineralölgesellschaften den Leasingnehmern die Verfügungsmacht über den Kraftstoff übertragen haben, da die Leasinggeberin unstreitig zu keiner Zeit darüber entscheiden konnte, wie und wozu der Kraftstoff verwendet wurde. Die Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung sei somit kein Vertrag über Kraftstofflieferung, sondern vielmehr ein Vertrag über die Finanzierung des Bezugs von Kraftstoff. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte der EuGH in seinem Urteil v. 15.5.2019, in dem er bereits die Vorfinanzierung des Kaufs von Waren gegen einen Zuschlag auf den vom Empfänger dieser Finanzierung zurückgezahlten Betrag als ein steuerfreies Finanzgeschäft angesehen hat.[3] Danach bestand die Dienstleistung der Klägerin an die Tochtergesellschaft in einer steuerfreien Kreditgewährung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b UStG. Die Klägerin finanzierte den Kauf von Kraftstoff vor und fungierte hierzu wie ein gewöhnliches Finanz- oder Kreditinstitut.

 

Rz. 30

Bei Kreditkarten, die von Kreditkartenunternehmen gegen entsprechende (zumeist jährliche) Gebühren ausgegeben werden (z. B. Visa, American Express, Diners Club, Master-Card), geht die herrschende Meinung insoweit von einer steuerfreien Kreditgewährung i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG aus. Nach anderweitiger Auffassung fällt die entgeltliche Ausgabe von Scheckkarten, Kreditkarten unter die steuerbefreiten Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG.[4] Die Kreditkarte ermöglicht es dem Karteninhaber, Lieferungen oder sonstige Leistungen durch den "Vertragsunternehmer" bargeldlos zu beziehen. Herausgegeben werden die Kreditkarten entweder von den am Markt agierenden Kartenorganisationen oder von deren Lizenznehmern, i. d. R. Kreditinstituten. Das kartenausgebende Institut (sog. Issuer) bestimmt den Preis und die Ausstattung der Kreditkarte. Der Vertragsunternehmer ist über ein als sog. Acquirer bezeichnetes Mitgliedsinstitut an das Netzwerk der Kartenorganisation angeschlossen. Der Vertragsunternehmer erhält vom Acquirer den Kartenumsatz abzüglich einer zwischen diesen vereinbarten Provision (sog. Disagio) erstattet. Der Acquirer erhält von dem Issuer den Gegenwert des Karteneinsatzes erstattet, abzüglich einer dem Issuer zustehenden Provision (sog. interchange fee), die unter § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG fällt. Das Disagio ist Entgelt des Acquirers für die Durchführung des Zahlungsvorgangs und Übernahme der Zahlungsgarantie gegenüber dem Vertragsunternehmer. Die Leistung des Acquirers ist ebenfalls steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG. Für den Vertragsunternehmer ist das Disagio keine Entgeltminderung für die Leistung an den Karteninhaber, sondern Kostenfaktor.[5] Die Steuerfreiheit der Kreditkartengebühren nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG dürfte insoweit anzunehmen sein, als davon ausgegangen werden kann, dass die Gebühren einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals Rechnung tragen und zusätzlich ein Entgelt für den Verwaltungsaufwand enthalten. Ebenfalls steuerfrei sind Entgelte im Zusammenhang mit der Kredit- und Zahlungsfunktion der Karte, z. B. Gebühren für Auslandseinsatz, Bargeldauszahlung, Ersatzkarte, Belegkopien etc.

 

Rz. 31

Da die Funktion einer Kreditkarte darin liegt, dem Benutzer die Bezahlung der in Anspruch genommenen Leistung bis zur späteren Rechnungstellung und Einziehung oder Abbuchung zu kreditieren und ihm sofort die mit einer Barzahlung verbundenen Unbequemlichkeiten bzw. Zinsnachteile zu ersparen, ist die Ausgabe einer solchen Karte gegen Gebühr mit einer Kreditgewährung vergleichbar. Etwaige Entgelte für Leistungen außerhalb der Zahlungsfunktion sind nach deren Leistungsinhalt zu beurteilen, z. B. Versicherungsleistungen, Dokumentenservice. Soweit die von Kreditkartenunternehmen erbrachten Leistungen der Autorisation, des Clearing und des Settlement im Bereich der Kredit- und Debitkartengeschäfte nach den vertraglichen und tatsächlichen Voraussetzungen als einheitliche Leistung eingestuft werden können, dürften diese regelmäßíg nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sein.

Rz. 32 einstweilen frei

[1] Vgl. für Kredit-Tankkarten OFD Frankfurt v. 4.2.1985, S 7100 A – 7/84 – St IV 11, UR 1985, 183.
[2] EuGH v. 6.2.2003, C-185/01, Auto Lease Holland, Haufe-Index 893112, BStBl II 2004, 573.
[3] EuGH v. 15.5.20129, C-235/18, Vega International Car Transport and Logistic, BFH/NV 2019, 1053.
[4] Peter, UR 1999, 238 m. w. N.
[5] EuGH v. 25.5.1993, C-18/92, Chaussures Bally S.A., UVA 1993, 275.

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