Rz. 67a

Eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen sind ab 1.1.2020 steuerfrei, wenn sie von

  • Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder
  • oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben,

erbracht werden.

Der Begriff der "Einrichtung des öffentlichen Rechts" ist in § 4 Nr. 18 UStG nicht näher definiert, er wurde offensichtlich Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL entnommen.[1] Der Begriff, der z. B. auch in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, § 4 Nr. 15b UStG, § 4 Nr. 15c UStG und § 4 Nr. 23 UStG vorkommt, dürfte weitergehend sein, als der Begriff der "juristischen Person des öffentlichen Rechts", wie er z. B. in § 2b UStG, aber auch in § 4 Nr. 16 Buchst. a UStG und § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG verwendet wird.

 

Rz. 67b

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst der Begriff der Einrichtung im Unionsrecht. Bei einer Einrichtung dürfte es sich lediglich um eine spezielle Variante eines Unternehmers handeln, denn die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 setzt steuerbare Umsätze voraus, was wiederum Unternehmereigenschaft des Leistenden bedingt. Zunächst ergibt sich dies aus Art. 134 MwStSystRL. Dort ist von gewerblichen Unternehmen die Rede. Gleichzeitig spricht die Überschrift in Kap. 2 MwStSystRL, zu dem Art. 132 MwStSystRL gehört, von Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten. Dies legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem Begriff der Einrichtung i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bzw. des § 4 Nr. 18 UStG um eine besondere Art des Unternehmensbegriffs handelt, nämlich um ein Unternehmen, im Rahmen dessen zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 9 MwStSystRL ausgeübt wird, dessen Ziel aber nicht nur eine rein wirtschaftliche, auf Gewinnerzielung ausgerichtete gewerbliche Tätigkeit ist, sondern das sich auch dem Gemeinwohl, insbesondere in sozialer und kultureller Hinsicht, verschrieben hat. Der Begriff der Einrichtung setzt also insbesondere keine bestimmte Rechtsform voraus. Der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts legt zunächst nahe, dass es sich nicht um eine Einrichtung des Privatrechts handeln kann. Liegmann[2] meint (unter Bezugnahme auf § 2b UStG), der Begriff bezieht sich auf solche Einrichtungen, deren Träger juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Dies könnte zweifelhaft sein, weil der Begriff (da entnommen aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) unionsrechtlich auszulegen ist und die MwStSystRL den Begriff der juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht kennt. Da sowohl Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL als auch § 4 Nr. 18 UStG zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts und anderen Einrichtungen unterscheidet, dürfte der Begriff der Einrichtung des öffentlichen rechts grds. dahingehend zu verstehen sein, dass die Einrichtung als solche auf einer öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage beruht bzw. errichtet ist. Natürliche Personen als Einzelunternehmer können demnach nicht in diesen Personenkreis fallen.[3]

 

Rz. 67c

Zu dem begünstigten Personenkreis gehören weiter andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Auch dieser Begriff ist in § 4 Nr. 18 UStG nicht näher definiert. Er geht offensichtlich zurück auf den in Art. 132 Abs. 1 Buchst g MwStSystRl verwendeten Begriff der "andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen".[4] Hierbei handelt es sich zunächst um nicht öffentlich-rechtliche Einrichtungen, sondern um solche des Privatrechts. Diese Einrichtungen dürfen nach § 4 Nr. 18 S. 1 UStG keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Bei gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung soll die Voraussetzung des fehlenden Gewinnstrebens regelmäßig erfüllt sein, da gemeinnützige Körperschaften nur selbstlos i. S. d. § 55 AO tätig sein dürfen.[5]

 

Rz. 67d

Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nach § 4 Nr. 18 S. 2 UStG nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Dieses Verbot des Anstrebens systematischer Gewinnerzielung bzw. das Gebot der Verwendung dennoch anfallender Gewinne in bestimmter Form stellt die Art dar, nach welchen Kriterien der deutsche Gesetzgeber die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g i. V. m. Art. 133 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL den Mitgliedstaaten überlassene Anerkennung einer anderen Einrichtung als Einrichtung mit sozialem Charakter realisiert hat. Als andere Einrichtungen ohne Gewinnstreben i. S. d. § 4 Nr. 18 UStG dürften insbesondere Einrichtungen in Betracht kommen, deren Einnahmen im vorangegangenen Kj. ganz oder zum überwiegenden Teil aus Zahlungen der Staatskasse oder der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder Zuwendungen i. S. d. § 10b Abs. 1 EStG oder des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG bestanden.[6]

Weiter können als andere Einrichtungen nach dem 31.12.2019 wohl auch die anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und deren Mitglied...

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