Rz. 8

Anlässlich des Regierungsentwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 2013 hatte der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags dem Deutschen Bundestag u. a. eine Neufassung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG für Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit mit Inkrafttreten zum 1.1.2013 zur Beschlussfassung empfohlen.[1] Folgende Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG war vorgesehen:

„18.

eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Einrichtungen mit sozialem Charakter i. S. dieser Vorschrift sind Einrichtungen, deren Einnahmen im vorangegangenen Kj. ganz oder zum überwiegenden Teil aus

  1. Zahlungen der Staatskasse oder der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge oder Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts oder
  2. Zuwendungen i. S. d. § 10b Abs. 1 EStG oder des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG

    bestanden. Für die in § 4 Nr. 15, 15a, 16, 25 und Nr. 27 Buchst. b (UStG) genannten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;”

 

Rz. 9

Die vorgesehene Neukonzeption war vor dem Hintergrund der Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH[2] und des BFH zu sehen. Nach Auffassung des BFH[3] hatte der nationale Gesetzgeber Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nur unvollständig dadurch "umgesetzt", dass er die bereits bei Inkrafttreten der 6. EG-Richtlinie vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weiterführte. Der BFH hatte nicht nur die Regelung des bis 31.12.2019 geltenden § 4 Nr. 18 S. 1 Buchst. c UStG (Entgeltklausel) als unionsrechtswidrig angesehen, sondern auch die unmittelbare Berufung auf die "günstigere" Regelung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL insbesondere aufgrund des eingeschränkten Anwendungsbereichs des bis 31.12.2019 geltenden § 4 Nr. 18 UStG zugelassen.

 

Rz. 10

Der für § 4 Nr. 18 UStG vorgesehene neue Wortlaut sollte für die Abgrenzung der begünstigten Leistungen den Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ("eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen") aufgreifen. Solche Leistungen liegen i. S. v. § 4 Nr. 18 UStG vor, wenn sie gegenüber Hilfsbedürftigen erbracht werden. Eine Vertragsbeziehung zu dem Hilfsbedürftigen muss nicht bestehen. Auch Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL stellt auf die Art der Dienstleistung ab und verlangt nicht zwingend, dass schuldrechtliche Beziehungen zwischen der hilfsbedürftigen Person und dem Leistenden bestehen, solange die Sozialfürsorge tatsächlich gegenüber der hilfsbedürftigen Person erfolgt.[4]

 

Rz. 11

Zu der geplanten Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG war es seinerzeit nicht gekommen. Nach dem Scheitern des JStG 2013[5] waren einige in diesem Gesetzentwurf geplanten Maßnahmen im Rahmen des Amtshilfe-Umsetzungsgesetzes[6] nach einem Vermittlungsverfahren doch noch beschlossen worden. Die Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG gehörte jedoch nicht dazu.

[1] Beschlussempfehlung und Bericht des BT-Finanzausschusses, BT-Drs. 17/11190 und BT-Drs. 17/11220.
[2] EuGH v. 8.6.2006, C-106/05 (L. u. P.), BFH/NV Beilage 2006, 442.
[5] BR-Drs. 632/12 Beschluss, BT-Drs. 17/11844, BR-Drs. 33/13.
[6] Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809.

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