Rz. 1

Nach § 3 Abs. 11 UStG wird ein Unternehmer, der bei Erbringung einer sonstigen Leistung im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung eingeschaltet wird, so behandelt, als habe er die Leistung selbst erhalten und selbst erbracht (sog. Leistungskommission bzw. Dienstleistungskommission). Dieser Unternehmer steht zwischen seinem Auftraggeber und dem Empfänger der sonstigen Leistung und wird so fiktiv zum Empfänger der ersten und zum Erbringer der zweiten Leistung. Damit wird durch § 3 Abs. 11 UStG gesetzlich unwiderlegbar eine Leistungskette fingiert[1], bei der der Auftraggeber an den eingeschalteten Unternehmer und dieser an den Empfänger der sonstigen Leistung leistet. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Erbringen oder das Beschaffen Gegenstand der sonstigen Leistung ist, da sowohl die sog. Leistungseinkaufskommission als auch die sog. Leistungsverkaufskommission von der Regelung erfasst werden.[2]

 

Rz. 2

Bei einer Leistungskommission tritt der eingeschaltete Unternehmer (Kommissionär/Auftragnehmer/Geschäftsbesorger) im eigenen Namen als Vertragspartner gegenüber einem Dritten auf. Damit die Tatbestandsvoraussetzungen von § 3 Abs. 11 UStG erfüllt sind, muss er außerdem für Rechnung des Auftraggebers (Kommittent/Auftraggeber) handeln; das wirtschaftliche Risiko verbleibt also beim Auftraggeber. Bei einem Leistungseinkauf wird der eingeschaltete Unternehmer von seinem Auftraggeber beauftragt, ihm eine sonstige Leistung zu besorgen. Diese Leistung wird von dem Dritten gegenüber dem eingeschalteten Unternehmer und gem. § 3 Abs. 11 UStG im Wege einer Fiktion vom eingeschalteten ­Unternehmer an seinen Auftraggeber ausgeführt.[3] Bei einem Leistungsverkauf beauftragt der Auftraggeber den eingeschalteten Unternehmer, für ihn eine Leistung am Markt zu positionieren. Diese Leistung wird vom eingeschalteten Unternehmer im eigenen Namen gegenüber dem Dritten und gem. § 3 Abs. 11 UStG im Wege der Fiktion vom Auftraggeber an den eingeschalteten Unternehmer erbracht.[4]

Für die Leistungskommission bei sonstigen Leistungen, die unter Einschaltung eines Unternehmers über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht werden, gelten die Regelungen von § 3 Abs. 11a UStG (vgl. die dortige Kommentierung). Unter den dort geregelten Voraussetzungen greift die fiktive Leistungskette wie bei § 3 Abs. 11 UStG ein.

 

Rz. 3

Zivilrechtlich liegt im Verhältnis Auftraggeber (Kommittent) und Auftragnehmer (Kommissionär) regelmäßig ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1 BGB vor, auf dessen Grundlage der Auftragnehmer an den Auftraggeber eine Leistung (Geschäftsbesorgung) erbringt, in deren Folge der Auftraggeber seinerseits eine Leistung an einen Dritten erbringt. Umsatzsteuerrechtlich wird nach § 3 Abs. 11 UStG hiervon jedoch bewusst abgewichen. Ebenso wie beim Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 3 UStG bleibt die zivilrechtlich vom Auftragnehmer (Kommissionär) an den Auftraggeber (Kommittent) erbrachte Geschäftsbesorgung umsatzsteuerrechtlich unberücksichtigt. Sie wird vielmehr in eine sonstige Leistung umqualifiziert, die er selbst erhalten und erbracht hat. Der Auftragnehmer (Kommissionär) erbringt also im Rahmen einer Leistungskommission umsatzsteuerrechtlich keine (auch nicht zusätzliche) Geschäftsbesorgungsleistung.[5] Folglich darf er gegenüber seinem Auftraggeber (Kommittent) über die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgung keine Rechnung mit offen ausgewiesener USt erteilen. Bei einer dennoch vom Auftragnehmer (Kommittent) erteilten Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer schuldet er die ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG.[6] Im Ergebnis wird die zivilrechtliche Geschäftsbesorgung des Auftragnehmers an den Auftraggeber umsatzsteuerrechtlich aufgrund der gesetzlichen Fiktion als eine (umgekehrte) sonstige Leistung des Auftraggebers an den Auftragnehmer behandelt.[7] Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich deshalb auch nicht um eine Vermittlungsleistung des eingeschalteten und gegenüber dem Dritten unter eigenem Namen auftretenden Unternehmers. Deshalb kann aus der Vorschrift zugleich abgeleitet werden, dass Vermittlungsleistungen eines Unternehmers aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht stets ausscheiden, wenn ein Unternehmer selbst Vertragspartei ist, weil sie im eigenen Namen handelt.[8]

 

Rz. 3a

Ob die Entgeltlichkeit der Geschäftsbesorgung von § 3 Abs. 11 UStG als Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt wird, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Nach Ansicht des Niedersächsischen FG würde sich diese Voraussetzung aber aus § 675 Abs. 1 BGB ableiten, der zivilrechtlich die Entgeltlichkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags voraussetzt.[9] Demgegenüber wird aus der in anderem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abgeleitet, dass bereits der Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) ein Entgelt darstelle[10] und deshalb auch die unentgeltliche (in diesem Sinne nur aufwendungsersetzende) Geschäftsbesorgung den Tatbestand von § 3 Abs. 11 UStG erfülle.[11] Ob und ggf....

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