Rz. 38

Eine ausgleichsfähige Mehr- oder Minderbelastung nach § 29 UStG kann sich auch ergeben, wenn bisher steuerfreie Umsätze steuerpflichtig werden oder für einen bisher steuerpflichtigen Umsatz eine Steuerbefreiung eingeführt wird.

 

Rz. 39

Beispiele für die Erhöhung oder die Verminderung der Steuerbelastung durch Änderungen bei der Steuerpflicht waren in der Vergangenheit:

  • Durch das UStG 1980 wurden einige, bis dahin steuerpflichtige Umsätze mWv 1.1.1980 steuerfrei. So wurde die sonstige Leistung des Kreditvermittlers nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfrei oder die Lieferung von Gegenständen, die ausschließlich zu steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 8 bis Nr. 27 UStG verwendet wurden, nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei.
  • Zum 1.1.1992 fiel die Steuerbefreiung für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen (bis dahin steuerfrei nach § 4 Nr. 12 UStG a. F., wenn die Vermietung nicht nur eine kurzfristige Vermietung war) weg.
  • Durch Umsetzung der Anlagegoldrichtlinie in nationales Recht im § 25c UStG und gleichzeitigem Wegfall der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 zum 1.1.2000 wurde die bis zum 31.12.1999 steuerfreie Lieferung von Industriegold steuerpflichtig.
  • Wegfall der Steuerbefreiung von Umsätzen in zugelassenen öffentlichen Spielbanken durch Änderung in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mWv 6.5.2006 durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen.
  • Zum 1.7.2010 haben sich Veränderungen bei der Steuerbefreiung von Postdienstleistungen ergeben. Während in der Altfassung des § 4 Nr. 11b UStG nur die Dienstleistungen der Post AG von der USt befreit waren, hat sich nach der Neufassung der Rechtsvorschrift eine Befreiung in Abhängigkeit der tatsächlich ausgeführten Art der Dienstleistung ergeben.
  • Zum 1.7.2013 ist durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz die Steuerbefreiung für Berufsbetreuer (§ 4 Nr. 16 UStG) sowie die Steuerbefreiung für Vormünder bzw. Ergänzungspfleger (§ 4 Nr. 25 UStG) eingeführt worden. Bis Inkrafttreten der Änderungen waren diese Leistungen steuerbar (soweit Ort der Leistung im Inland) und steuerpflichtig.
  • Ebenfalls zum 1.7.2013 ist eine Steuerbefreiung bei Bühnenregisseuren und Bühnenchoreografen eingeführt worden.
  • Zum 1.1.2020 ist neu in § 4 Nr. 29 UStG die Möglichkeit aufgenommen worden, dass sog. Kostengemeinschaften, die im Bereich der dem Gemeinwohl dienenden Leistungen tätig sind, unter weiteren Voraussetzungen steuerfreie Leistungen gegenüber ihren Gemeinschaftern ausführen können. Diese aufgrund der Rechtsprechung des EuGH[1] notwendig gewordene nationale Ergänzung war bis 31.12.2019 nur im Bereich heilkundlicher Leistungen möglich, ist aber ab 2020 auch auf andere abschließend aufgezählte, dem Gemeinwohl dienende, Leistungen anzuwenden.
 

Rz. 40

Auswirkungen auf die umsatzsteuerliche Belastung können sich auch durch die bei bestimmten steuerfreien Umsätzen mögliche Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG ergeben. Hier ist insbesondere zu prüfen, ob tatsächlich eine Mehr- oder Minderbelastung bei dem leistenden Unternehmer eintritt (Rz. 64f.).

[1] EuGH v. 21.9.2017, C-616/15, Kommission/Bundesrepublik Deutschland, UR 2017, 792.

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