Rz. 89

Eine bemerkenswerte Erweiterung der Regelung der Umsatzsteuer-Nachschau findet sich in dem Abs. 4 der Vorschrift. Werden danach anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau Verhältnisse festgestellt, die für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern als der USt von Bedeutung sein können, so ist die Auswertung der Feststellungen insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung der in § 27b Abs. 1 UStG genannten Personen von Bedeutung sein kann. Darüber hinaus gilt dies auch, wenn die Kenntnisse für die Besteuerung anderer Personen von Bedeutung sein können.

 

Rz. 90

Je nach Auslegung dieser Vorschrift wird hier – sozusagen durch die Hintertür – die im Gesetzgebungsverfahren abgelehnte allgemeine steuerliche Nachschau eingeführt.[1] Dies stellt in der Tat einen Widerspruch dar und erscheint vor allem deshalb unglücklich, weil im Gesetz nur sehr allgemein ausgeführt wird, was denn "eine Feststellung anlässlich der Umsatzsteuer-Nachschau" ist. Die Regelung wird aus diesem Grund zu Recht im Schrifttum stark kritisiert.[2]

 

Rz. 91

Als Kritikpunkt wird auch angeführt, dass diese erweiterte Verwertung nicht unbedingt im Einklang mit dem Gesetzeszweck des § 27b UStG – der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs – steht (Rz. 7ff.). Im Anschluss an Dißars[3] kommt deshalb auch m. E. nur eine enge Auslegung der Zulässigkeit der Verwertung anderer steuerlicher Feststellungen anlässlich einer Umsatzsteuer-Nachschau in Betracht. Lediglich "Zufallsfunde", die im Rahmen einer Nachschau für Zwecke der USt gemacht werden, können auch bei anderen Steuerarten eine Änderung der Festsetzung zur Folge haben. Im Ergebnis muss es zulässig sein, festgestellte umsatzsteuerliche Sachverhalte auch ertragsteuerlich zu verwerten, wenn sich die ertragsteuerliche Auswirkung unmittelbar aus ihnen ergibt. Keinesfalls darf die Umsatzsteuer-Nachschau aber zu einer allgemeinen Steuer-Nachschau mit anschließender Betriebsprüfung "umfunktioniert" werden[4], das würde ihrem Gesetzeszweck fundamental widersprechen.

 

Rz. 91a

Offen lässt die Regelung im Übrigen, ob die aus der USt gewonnenen Erkenntnisse auch für die Festsetzung der USt bei Dritten verwendet werden können. Denn im Wortlaut des § 27b Abs. 4 UStG findet sich nur die Formulierung der "anderen Steuer" bei solchen Dritten, die Regelung hat also gerade nicht die USt zum Gegenstand. Auch wenn diese Lösung im Ergebnis wenig sinnvoll erscheint, so spricht der eindeutige Gesetzeswortlaut des § 27b Abs. 4 UStG gegen eine dahingehende Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Regelung.[5] Jedenfalls ist die Vorschrift wegen dieser Ungenauigkeit m. E. missglückt. Will die Finanzbehörde demnach bei Dritten bereits bekannte umsatzsteuerliche Erkenntnisse nutzen, dann muss sie eigene Ermittlungen bei diesen Personen durchführen; Verwertungsverbote bestehen hier m. E. aber nicht.

[1] BT-Drs. 14/7471, 5.
[2] Vgl. z. B. bereits Dißars, BB 2002, 759; vgl. auch Baumgartner, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 27b UStG Rz. 36f.
[3] Dißars, BB 2002, 759.
[4] So auch Brandl, in Bunjes, UStG, § 27b UStG Rz. 29 und Zugmaier/Schwarz, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 27b UStG Rz. 61.
[5] Kritisch aber i.E. für die Verwertbarkeit Leipold, in Sölch/Ringleb, UStG, § 27b UStG Rz. 26.

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