Rz. 43

Das Tatbestandsmerkmal der bandenmäßigen Begehung des § 26c UStG ist – wie das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit – bereits Inhalt anderer allgemeiner Tatbestände des Strafgesetzbuchs und der AO (§ 373 AO). Der Begriff ist also gleichfalls kein neuer (originärer) Begriff des Steuerstrafrechts und insoweit kann auf allgemeine strafrechtliche Grundsätze zurückgegriffen werden. Deshalb wirkt sich die Rechtsprechung zu diesen allgemeinen Straftatbeständen unmittelbar auf den Inhalt des § 26c UStG aus, was aber leider auch hier zu einer Reihe von Problemen führt. Anzumerken ist, dass auch die bandenmäßige Begehung ein besonderes strafbegründendes Tatbestandsmerkmal nach § 28 Abs. 1 StGB ist.[1]

 

Rz. 44

Die Verwendung des Merkmals der "bandenmäßigen Begehung" im Strafrecht ist weit gefächert. So existiert im Steuerstrafrecht bereits der Tatbestand des bandenmäßigen Schmuggels in § 373 Abs. 2 Nr. 3 AO. Das allgemeine Strafrecht sieht u. a. den Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB, die gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach § 260a StGB, den schweren Raub in einer Bande gem. § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB und den besonders schweren Fall des Betrugs als Mitglied einer Bande nach § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB vor. Obwohl der Begriff der "Bande" vom allgemeinen Sprachgebrauch her vielleicht noch griffig erscheint, handelt es sich tatsächlich um einen ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff. Demnach bedarf es auch für die Annahme einer Bande i. S. d. § 26c UStG einheitlicher und konkreter Kriterien, um die (erheblichen) Strafschärfungen im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen zu lassen.

 

Rz. 45

Nach der Rechtsprechung des BGH setzt eine bandenmäßige Begehung nun voraus, dass es des Zusammenschlusses mehrerer Personen bedarf, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Ein "gefestigter Bandenwille" oder ein "Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse" ist nicht erforderlich.[2] Nach Auffassung des BGH sind dabei die genannten Tatbestandsmerkmale der bandenmäßigen Begehung aufgrund ständiger Rechtsprechung festgeschrieben und über § 369 AO auch im Steuerstrafrecht zugrunde zu legen.[3]

 

Rz. 46

In seiner Entscheidung v. 22.3.2001[4] legte der BGH zusätzlich die erforderliche Anzahl der Bandenmitglieder auf drei fest. Da es sich bei dieser Entscheidung um einen Beschluss des Großen Senats für Strafsachen handelte, der sich der vorgelegten Fragen wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung – auch in anderen Strafverfahren –[5] angenommen hatte, ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung diese Anzahl von mindestens drei Personen bei der Annahme einer (strafrechtlich relevanten) Bande grundsätzlich beachten wird. Insoweit kann auch im Rahmen des § 26c UStG nichts anderes gelten. Eine Bande i. S. d. § 26c UStG muss deshalb aus mindestens drei Personen bestehen[6], diese müssen sich zur Begehung von Taten nach den §§ 26a Abs. 1, 26c UStG zusammengetan haben (Rz. 48).

 

Rz. 47

In der genannten Entscheidung[7] hatte der BGH darüber hinaus weitere früher bestehende (strengere) Anforderungen an eine bandenmäßige Begehung z. T. aufgegeben. Danach ist es nicht erforderlich, dass wenigstens zwei Bandenmitglieder den "Diebstahl" – also die Straftat – zusammen begehen. Es reicht bereits aus, wenn ein Bandenmitglied als Täter und zwei andere Bandenmitglieder beim "Diebstahl" in irgendeiner Weise zusammenwirken. Ausreichend ist also jede Form des Mitwirkens am "Diebstahl" und nicht nur die persönliche Beteiligung am Ort der Wegnahme.[8] Erfasst ist damit jede Art der Beteiligung, die auch sonst nach den allgemeinen Regeln des Strafrechts als Beitrag zur Förderung einer bestimmten Tat gilt. Gerade dies ist beim Tatbestand des § 26c UStG von großer Bedeutung, denn die Tathandlung – die Nichtzahlung einer angemeldeten Steuer – wird zwangsläufig immer nur von einer Person (beim organisierten Umsatzsteuerbetrug vom missing trader) vorgenommen, die anderen Beteiligten, wie etwa der Abnehmer der Ware, der aus der Rechnung die Vorsteuer geltend macht, und weitere Mitglieder einer "Lieferkette" sind schon nicht zur Zahlung der Steuer dieses Lieferanten verpflichtet; dies obliegt immer nur dem Steuerschuldner. Sie verwirklichen daher nicht selber den Grundtatbestand des § 26a Abs. 1 UStG und es fehlt deshalb an den Tatbestandsvoraussetzungen des § 26c UStG.

 

Rz. 48

Zu beachten ist des Weiteren, dass § 26c UStG vom Wortlaut her voraussetzt, dass sich die Bande zum Zweck der Begehung von Taten i. S. d. § 26a Abs. 1 UStG gebildet haben muss. Diese Annahme wirft allerdings systematische Probleme auf, denn § 26a Abs. 1 UStG sanktioniert ein Unterlassen (§ 26a UStG Rz. 31), der Tatbestand des § 26c UStG hat damit ein "bandenmäßiges Unterlassen" zum Gegenstand[9], was schon vom Begriff her Befremden auslöst. Kaiser/Bangert[10] versuchen dies damit auszuräumen, dass die Qualifikation des § 26c UStG ihre Rechtfertigung in dem Zusammenwirken ...

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