Rz. 11

Die Haftungsvoraussetzungen setzen sich aus einerseits objektiven Tatbestandsmerkmalen wie einem vorangegangenen Umsatz, einer in einer Rechnung ausgewiesenen USt und deren Nichtentrichtung sowie subjektiven Tatbestandsmerkmalen zusammen. Dabei bestehen für Letztere zwei Bereiche. Der eine betrifft das Subjektive bei dem Steuerschuldner, also beim Unternehmer, der die USt nicht entrichtet. Hierunter fällt die vorher gefasste Absicht, die ausgewiesene USt nicht zu entrichten bzw. sich hierzu außerstande zu setzen. Der andere Bereich betrifft den Haftenden, also dessen Kenntnis oder Kennen müssen bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Dazu stellt § 25d Abs. 2 UStG Indizien auf.

3.1 Vorangegangener Umsatz

 

Rz. 12

Die unter die Haftung fallende Steuer muss aus einem vorangegangenen Umsatz stammen. Dieser Umsatz muss allerdings nicht der Eingangsumsatz des Unternehmers, also derjenige sein, der an den Haftenden erbracht wurde. Auch aus den Umsätzen auf den Vorstufen kann die nichtentrichtete USt stammen.[1] Allerdings ist hierfür eine sog. Gegenstandsidentität erforderlich, d. h. es kann nur bei einem identischen Leistungsinhalt die nicht entrichtete USt des Vorlieferanten die Haftung eines nachfolgenden Unternehmers nach § 25d auslösen.[2] Die Feststellung der Leistungsidentität ist vor allem bei sonstigen Leistungen als vorangegangenen Umsätzen schwierig, da der Gegenstand der sonstigen Leistung (Leistungsgegenstand) weitergegeben sein muss.[3]

 

Rz. 13

Ein vorangegangener Umsatz setzt einen tatsächlich ausgeführten Umsatz voraus, also gemäß § 1 Abs. 1 eine nach Nr. 1 UStG steuerbare Lieferung oder sonstige Leistung nach Nr. 1, eine Einfuhr (Nr. 4) oder ein innergemeinschaftlicher Erwerb (Nr. 5). Bei der USt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb hat der Erwerber als Unternehmer auch das Recht zum Vorsteuerabzug. Damit stehen sich bei der Steuerberechnung gemäß § 16 Abs. 1 UStG Steuer und Vorsteuer in gleicher Höhe gegenüber, sodass eine Haftung ausscheidet. Erst bei einer Weiterlieferung des Gegenstands kann ein vorangegangener Umsatz gegeben sein, der dann beim Leistungsempfänger bzw. einem nachfolgenden Unternehmer zur Haftung führen kann.[4]

 

Rz. 14

Ohne Umsatz des Rechnungsausstellers scheidet eine Haftung nach § 25d UStG aus. In den Fällen des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises gem. § 14c Abs. 1 und Abs. 2 UStG kommt daher für die wegen des Steuerausweises geschuldete Steuer eine Haftung nach § 25d UStG nicht in Betracht.[5] Eine Haftung muss aus demselben Grund in den Fällen des Umsatzsteuerbetrugs ausscheiden, bei dem nur „virtuell”, nicht aber tatsächlich Umsätze getätigt werden.

 

Rz. 15

Ein steuerpflichtiger Umsatz ist für die Haftung Voraussetzung. Der Vorsteuerabzug setzt nämlich gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG eine gesetzlich geschuldete USt für Lieferungen und sonstige Leistungen voraus; daran fehlt es bei einer Steuerschuld gem. § 14c Abs. 1 u. 2 UStG.[6]

[1] Ebenso Nieskens, UR 2002, 53ff.; ders., in Rau/Dürrwächter, UStG, § 25d UStG Rz. 43; Klenk, in Sölch/Ringleb, UStG, § 25d UStG Rz. 9; Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 19.
[2] Ebenso Nieskens, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 25d UStG Rz. 41; siehe auch Wäger, UStB 2002, 101.
[3] Siehe dazu Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 23.
[4] Ebenso Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 20, Rz. 21.
[5] Ebenso Abschn. 25d.1 Abs. 3 UStAE; Nieskens, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 25d UStG Rz. 42; Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 19.
[6] S. Rz. 22.

3.2 Steuerausweis in einer nach § 14 ausgestellten Rechnung

 

Rz. 16

Die Haftung bezieht sich nach Abs. 1 S. 1 auf USt, die „in einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung ausgewiesen wurde”. Diese Formulierung, die durch das StÄndG 2003[1] mWv 1.1.2004 gegenüber der früheren Formulierung („in einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG ausgewiesen …”) geändert wurde, lehnt sich an § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG an. Sie fordert eine nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung, die die USt für den vorangegangenen Umsatz ausweist. Bei Geschäften ohne Rechnung scheidet eine Haftung nach § 25d UStG bereits nach dem Wortlaut dieser Vorschrift aus.[2]

 

Rz. 17

Als Rechnung nach § 14UStG kommen für die Anwendung des § 25d UStG nur solche Rechnungsurkunden in Betracht, die die Anforderungen für einen Vorsteuerabzug erfüllen. Fehlen einzelne zwingende Voraussetzungen, ist ein Vorsteuerabzug also bei Kenntnis und Beachtung der Mängel ausgeschlossen, besteht zwar die Gefahr eines Vorsteuerabzugs. Das macht aber die Haftung zur Kompensation der nicht entrichteten Steuer nicht erforderlich, denn das Finanzamt kann bei mit Mängeln behafteten Rechnungen den Vorsteuerabzug versagen oder wieder rückgängig machen, wodurch sich nichtentrichtete Steuer und Vorsteuerabzug nicht unausgeglichen gegenüberstehen.[3]

Rz. 18 einstweilen frei

 

Rz. 19

Eine Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird (§ 14 Abs. 1 S. 1 UStG). Dabei sind die Rechnungen auf Papier oder — vorbehaltlich der Zustimmu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge