Rz. 395

Um einen Betrieb gewerblicher Art zu unterhalten, muss die Tätigkeit der jPöR eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit darstellen. Die Nachhaltigkeit der Tätigkeit entspricht dabei der allgemeinen Definition des § 2 Abs. 1 UStG (Rz. 76). Nach gefestigter ertragsteuerrechtlicher Interpretation ist eine wirtschaftliche Tätigkeit dann gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 14 AO zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind im Wesentlichen deckungsgleich mit den allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG (selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden), es wird aber darüber hinaus gefordert, dass die Tätigkeit über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehen muss. Nach § 14 S. 3 AO liegt eine Vermögensverwaltung insbesondere dann vor, wenn Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Auch die Vermietung umfangreicheren Immobilienbesitzes führt danach nicht dazu, dass die Grenze der Vermögensverwaltung überschritten wird.[1]

 

Rz. 396

Es war in der Vergangenheit umstritten, inwieweit diese ertragsteuerrechtliche Beurteilung für die Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht der jPöR übertragen werden konnte. Soweit eine Übertragung dieser Rechtsgrundsätze erfolgte, ergab sich die Rechtsfolge, dass jPöR bei der reinen Vermietung von Grundbesitz nicht unternehmerisch tätig sind. Ein anderes Ergebnis ergab sich nur dann, wenn ein eingerichteter Gewerbebetrieb verpachtet wurde. Ob diese Differenzierung im Ergebnis zu einem systemgerechten, unionsrechtlich haltbaren Ergebnis führte, wurde allerdings schon früher bezweifelt.

 

Rz. 397

Ein Begründungsansatz erfolgte unionsrechtlich über das Wahlrecht nach Art. 13 Abs. 2 MwStSystRL, nach dem bei bestimmten steuerfreien Umsätzen (darunter auch die Vermietung) solche Leistungen als Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt national definiert werden könnten. In der gesetzlichen Verknüpfung des § 2 Abs. 3 S. 1 UStG mit § 4 Abs. 1 KStG und der sich ertragsteuerrechtlich ergebenden Verbindung zu § 14 AO wurde eine solche nationale Rechtsfolge abgeleitet. Durch die Rechtsprechung des EuGH[2] und der Folgeentscheidung des BFH[3] ist eindeutig geklärt, dass es sich hier nicht um eine solch eindeutige gesetzliche Anordnung handelt, die die Ausübung des unionsrechtlichen Wahlrechts darstellen könnte. So hat der BFH[4] später auch eindeutig entschieden, dass dem Begriff der "Vermögensverwaltung" umsatzsteuerrechtlich für die Unternehmerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch einen Betrieb gewerblicher Art keine Bedeutung zukommt. Die FinVerw hatte die Urteile des BFH nicht zeitnah im BStBl veröffentlicht und erst nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 2b UStG veröffentlicht.[5] Aber auch nach Veröffentlichung der Urteile sind diese nicht allgemein anzuwenden, soweit die jPöR noch die Altregelung des § 2 Abs. 3 UStG anwenden, vgl. Rz. 382a. JPöR konnten sich aber auch schon früher auf die Urteile des BFH berufen und damit im Rahmen der Vorgaben des BFH unternehmerisch tätig werden.[6] Die Anwendung der Grundsätze aus der Rechtsprechung des BFH kann aber nur für das gesamte Unternehmen einheitlich erfolgen und nicht für einzelne Umsätze.

 

Beispiel: Vermögensverwaltung als unternehmerische Betätigung

Die Gemeinde A vermietet in einem ihr gehörenden Gebäude Räume an den Unternehmer B, der in den Räumen eine Verkaufsstelle für Lebensmittel einrichtet. Die Vermietung der Gemeinde ist zwar ertragsteuerrechtlich als Vermögensverwaltung einzustufen und erfolgt damit nicht im Bereich eines Betriebs gewerblicher Art. Damit wurde die Vermietung früher als nichtunternehmerische Betätigung angesehen und war deshalb nicht steuerbar.[7] Durch die geänderte Rechtsprechung des BFH[8] kommt aber der Vermögensverwaltung umsatzsteuerrechtlich keine Bedeutung zu, sodass die Vermietung zu einer unternehmerischen Betätigung führt. Die Vermietung ist steuerbar und grundsätzlich steuerfrei, kann aber unter den Bedingungen des § 9 UStG als steuerpflichtig behandelt werden. Eine Anwendung kommt aber unter Geltung des § 2 Abs. 3 UStG gegen den Willen der jPöR nicht in Betracht.[9]

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