Rz. 104

Das Binnenmarktgesetz unterwirft im innergemeinschaftlichen Verkehr nur Lieferungen, die von Unternehmern ausgeführt werden, der Erwerbsteuer. Im Gegensatz hierzu unterliegt im Drittlandsverkehr die Einfuhr durch jede Person – gleichgültig, ob diese Unternehmer ist oder nicht – der EUSt.[1] Ebenso wenig kommt es für die EUSt darauf an, ob der Gegenstand im Rahmen des Unternehmens oder gegen Entgelt geliefert wird. Jeder Gegenstand ist grundsätzlich bei seiner Einfuhr auf das USt-Niveau des Inlands durch Erhebung des für den Gegenstand gültigen inländischen Steuersatzes anzuheben. Dieser Grundsatz galt vor Inkrafttreten des UStG 1993 auch im grenzüberschreitenden Warenverkehr aus Mitgliedstaaten, der bis zum 31.12.1992 der EUSt unterlag. Da bei Einfuhren von Nichtunternehmern ein Grenzausgleich (d. h. Steuerbefreiung der Ausfuhr) nicht möglich ist, werden diese Gegenstände durch die Erhebung der EUSt umsatzsteuerlich doppelt belastet. Der EuGH sah darin einen Verstoß gegen Art. 110 AEU und hat in seiner Rechtsprechung schon vor dem 1.1.1993 die Besteuerung von Gebrauchtgegenständen in dem Ausfuhr-Mitgliedstaat dadurch berücksichtigt, dass er die zum Zeitpunkt der Einfuhr noch vorhandene im Ausfuhrmitgliedstaat entrichtete USt nicht in die Bemessungsgrundlage der EUSt einbezog.[2]

 

Rz. 105

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt nur vor, wenn der Lieferer

  • ein Unternehmer ist,
  • der den Gegenstand im Rahmen seines Unternehmens
  • gegen Entgelt liefert[3] und
  • die Lieferung an den Erwerber nicht aufgrund der Kleinunternehmerregelung steuerfrei ist.[4]
[2] EuGH v. 5.5.1982, C-15/81, Gaston Schul I, EuGHE 1982, 1409; EuGH v. 21.5.1985, C 47/84, Gaston Schul II, EuGHE 1985, 1501.

3.4.1 Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens (§ 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG)

 

Rz. 106

Der umsatzsteuerliche Grenzausgleich nach dem Bestimmungslandprinzip erfolgt seit dem 1.1.1993 nur mehr im unternehmerischen Bereich. Für den nichtunternehmerischen innergemeinschaftlichen Warenverkehr gilt grundsätzlich das Ursprungslandprinzip. Das bedeutet, dass die Erwerbsteuer nur insoweit zum Tragen kommt, als ein innergemeinschaftlicher Leistungsaustausch zwischen Unternehmern vorhanden ist, bei dem mindestens eine Leistung in einer Lieferung besteht. Dem innergemeinschaftlichen Erwerb geht notwendigerweise eine innergemeinschaftliche Lieferung voraus. Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen kann ebenfalls nur von einem Unternehmer i. S. v. § 2 UStG geltend gemacht werden, der damit in seinem Mitgliedstaat eine steuerbare Lieferung bewirkt.[1] Lieferungen von Nichtunternehmer sind nicht steuerbar.

 

Rz. 107

Steuerbar sind nur Lieferungen, die Unternehmer im Rahmen ihres Unternehmens bewirken; nicht steuerbar ist daher z. B. der Verkauf des gebrauchten Privatfahrzeugs eines Unternehmers. Hat der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung zuvor aus dem Unternehmen in das Privatvermögen übernommen, liegt grundsätzlich eine steuerpflichtige Wertabgabe[2] vor, an die sich eine nichtsteuerbare Lieferung ins übrige Gemeinschaftsgebiet anschließt. Für die Bewirkung einer innergemeinschaftlichen Lieferung kommt es nicht auf den Wohnort, Sitz oder die Staatsangehörigkeit des Unternehmers an.

 

Rz. 108

Der liefernde Unternehmer muss nach dem Recht des EU-Mitgliedstaats, der für seine Besteuerung zuständig ist, die Unternehmereigenschaft erfüllen und darf nicht aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerbefreit sein.[3] Da der Unternehmerbegriff bisher nicht vollständig harmonisiert ist, können die Voraussetzungen für die Anerkennung der Unternehmereigenschaft in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt sein. Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft des Lieferers i. S. v. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG ist auf das Recht des Lands abzustellen, das für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, weil der Erwerbsbesteuerung die umsatzsteuerliche Behandlung der innergemeinschaftlichen Lieferung durch den Ausfuhrmitgliedstaat vorausgeht. Wird der Lieferer in diesem Mitgliedstaat als Unternehmer und die innergemeinschaftliche Lieferung als steuerfrei behandelt, muss sich danach der spiegelbildliche innergemeinschaftliche Erwerb richten. Auf die Staatsangehörigkeit oder Ansässigkeit des Lieferers kommt es nicht an (Rz. 95).

 

Rz. 109

Ob der Lieferer als Unternehmer die Lieferung im Rahmen seines Unternehmens ausführt, wird i. d. R. nicht zweifelhaft sein, ist aber in Grenzfällen für den Abnehmer nicht immer leicht zu erkennen und festzustellen. Der inländische Erwerber braucht die Voraussetzungen nicht zu prüfen, sondern kann sich auf die Angaben des Lieferers verlassen, weil dieser sich durch die Angabe seiner USt-IdNr. als Unternehmer ausweist. Erwirbt z. B. ein inländischer Unternehmer bei einem Antiquitätenhändler für sein Unternehmen einen Schrank, kann er regelmäßig nicht erkennen, ob dieser Schrank vielleicht vom Antiquitätenhändler als Privatmann verkauft wurde, weil dieser Schrank in der Wohnung des Ant...

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