Rz. 291

Seit dem 1.1.2002 regelt die durch das StÄndG 2001 (Rz. 15) geschaffene Nr. 4 von § 15 Abs. 1 UStG den Abzug der Steuer, die der Unternehmer als Leistungsempfänger gem. § 13b UStG schuldet. Diese Norm wurde zum 1.7.2010 durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 8.4.2010 erweitert, sodass auch § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG zu diesem Zeitpunkt an die Neufassung des § 13b UStG angepasst werden musste (Rz. 18). Diese Regelung ist systematisch nötig, um im unternehmerischen Bereich die Neutralität der USt herzustellen, denn wenn der Leistungsempfänger anstelle des Leistenden zum Steuerschuldner wird, muss diese Steuer, die zwar auf einer Leistung eines anderen Unternehmers beruht, von diesem aber nicht geschuldet wird, gleichwohl als Vorsteuer abzugsfähig sein. Dies stellt § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG nicht nur hinsichtlich der nach Ausführung der Leistung entstandenen Steuer sicher, sondern auch bezüglich der auf geleistete Anzahlungen gem. § 13b Abs. 1 UStG entstandenen Steuer.[1]

 

Rz. 292

Ähnlich wie beim innergemeinschaftlichen Erwerb benötigt der Unternehmer für den Vorsteuerabzug der von ihm selbst geschuldeten Steuer keine Rechnung des Leistenden, denn § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG verlangt dies nicht. Zwar ist der Leistende gem. § 14a Abs. 5 S. 1 UStG in den Fällen des § 13b Abs. 1 UStG stets zur Erteilung einer Rechnung verpflichtet; diese Rechnungen dürfen aber die USt nicht ausweisen.[2] In der Rechnung des Leistenden ist aber auf die Steuerschuld des Leistenden hinzuweisen mit dem seit dem 30.7.2013 standardisierten Text gem. § 14a Abs. 5 UStG "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers". Der Erhalt oder der Besitz einer derartigen Rechnung ist allerdings nicht Voraussetzung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG – so wie die Steuerschuld gem. § 13b UStG nicht davon abhängig ist, dass eine i. S. v. § 14a Abs. 5 UStG ordnungsgemäße Rechnung vorliegt – so der EuGH im Urteil v. 1.4.2004.[3] Dieses Urteil betraf – ebenso wie die Nachfolgeentscheidung des BFH[4] – zwar noch das bis Ende 2001 geltende USt-Abzugsverfahren gem. §§ 51ff. UStDV i. d. F. vor 2002, seine Grundsätze sind aber auch für § 13b UStG maßgeblich. Auch wenn § 14a Abs. 5 UStG nun seit dem 30.6.2013 den Hinweistext vorschreibt, wäre es überspannt, den Vorsteuerabzug aus der vom Leistungsempfänger geschuldeten Steuer zu versagen, wenn die Rechnungen nicht den Anforderungen des § 14a Abs. 5 UStG entsprechen, denn wenn § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG für den Vorsteuerabzug überhaupt keine Rechnung verlangt, dann kann es nicht darauf ankommen, wie die erteilte Rechnung tatsächlich aussieht.

 

Rz. 293

Selbstverständlich richtet sich der Umfang des Vorsteuerabzugs auch hinsichtlich der gem. § 13b UStG geschuldeten Steuer nach den Verwendungsverhältnissen beim Unternehmer, der die Leistung empfangen hat. Der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG ist in der USt-Voranmeldung oder -Jahreserklärung geltend zu machen, in dem der bezogene Umsatz oder die geleistete Anzahlung vom Unternehmer gem. § 13b Abs. 1 UStG zu versteuern ist. Die Steuer entstand gem. § 13b Abs. 1 UStG i. d. F. bis 30.6.2010 mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats. Dies gilt ab 1.7.2010 für Umsätze gem. § 13b Abs. 2 UStG. Seit dem 1.7.2010 entsteht die Steuer gem. § 13b Abs. 1 für gem. § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerbare Leistungen bereits im Voranmeldungszeitraum der Ausführung der Leistung.[5] Dementsprechend ist die Steuer zu erklären und als Vorsteuer abzugsfähig, vgl. Abschn. 13b.1 Abs. 32 UStAE.

 

Rz. 294

Hinsichtlich der gem. § 13b UStG geschuldeten Steuer ergibt sich wegen der USt für den Umsatz keine Zahlungsbewegung zwischen dem Leistungsempfänger und dem Leistenden; in dieser Beziehung muss immer nur das Entgelt bewegt werden. Aber auch im Verhältnis des steuerschuldenden Leistungsempfängers zu seinem FA braucht wegen des gleichzeitigen Vorsteuerabzugs, falls § 15 Abs. 2 UStG nicht eingreift, nichts gezahlt zu werden. Besteht die Vorsteuerabzugsberechtigung nicht oder nur teilweise gem. § 15 Abs. 2ff. UStG, muss der Leistungsempfänger die nicht als Vorsteuer abzugsfähige Steuer an sein FA im Rahmen seiner USt-Voranmeldungen oder -Jahreserklärung abführen.

[1] Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/6877; Abschn. 13b.15 Abs. 1 UStAE.
[3] EuGH v. 1.4.2004, C-90/02, Bockemühl, BB 2004, 1663, m. Anm. Lohse.
[5] Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, BGBl I 2010, 386.

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