3.4.1 Allgemeines

 

Rz. 51

Für stpfl. Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren geht bereits seit 1.1.2002 die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über (§ 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG a. F.). Durch diese Regelung sollte sichergestellt werden, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG (§ 9 Abs. 1 UStG) nicht dadurch zu Steuerausfällen führt, dass dem Erwerber zwar der Vorsteuerabzug zusteht, der Vollstreckungsschuldner als leistender Unternehmer aber die geschuldete Steuer für die Grundstückslieferung nicht an das FA abführen kann.

 

Rz. 52

MWv 1.4.2004[1] wurde § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG a. F. (jetzt Abs. 2 Nr. 3) erweitert, sodass nun bei allen stpfl. Umsätzen, die unter das GrEStG fallen, der Leistungsempfänger die USt schuldet, sofern er ein Unternehmer oder (ab 1.7.2010) eine juristische Person ist (§ 13b Abs. 5 S. 1 UStG). Hintergrund für diese Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers waren Feststellungen des Bundesrechnungshofs, nach denen die Option zur Steuerpflicht im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen in hohem Maße missbrauchsanfällig sei. Von der Zahlungsunfähigkeit bedrohte Unternehmer veräußern nämlich häufig auf Druck der Kreditinstitute ein betriebliches Grundstück, um mit dem erzielten Kaufpreis die Kreditbelastung zu verringern. Bei einer Option zur Steuerpflicht (§ 9 Abs. 1 UStG) konnte die kreditgebende Bank – aufgrund vertraglicher Abrede im Notarvertrag – den gesamten Bruttoverkaufspreis (einschl. USt) zur Tilgung ihrer Forderung einsetzen. Da für den Verkäufer oft kein Resterlös verblieb, konnte er aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz seine aus dem Verkauf resultierende USt-Schuld gegenüber dem FA nicht mehr begleichen. Infolge der Regelung in § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG a. F. (jetzt Abs. 2 Nr. 3) kann ab 1.4.2004 nur noch der Nettoverkaufserlös zur Schuldentilgung genutzt werden. Kritisch ist jedoch gegenüber der Regelung anzumerken, dass sie auch in den Fällen, in denen kein Kreditinstitut am Grundstücksverkauf beteiligt ist und kein Missbrauch vorliegt, greift.[2]

3.4.2 Betroffene Grundstücksumsätze

 

Rz. 53

§ 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG gilt nur für stpfl. Grundstücksumsätze, die unter das GrEStG fallen. Zu den Umsätzen, die unter das GrEStG fallen (grunderwerbsteuerbare Umsätze), gehören insbes. die Umsätze von unbebauten und bebauten Grundstücken. Hierzu gehören aber auch[1]

  • die Bestellung von Erbbaurechten und die Übertragung von Erbbaurechten gegen Einmalzahlung oder regelmäßig wiederkehrende Erbbauzinsen,
  • die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück,
  • das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren,
  • Tauschvorgänge, die den beiderseitigen Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründen,
  • die Lieferung von auf fremdem Boden errichteten Gebäuden nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit,
  • die Übertragung eines Betriebsgrundstücks zur Vermeidung einer drohenden Enteignung,
  • die Umsätze von Grundstücken und von Gebäuden nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz.
 

Rz. 54

Da die Bestellung von Erbbaurechten zu den Umsätzen gehört, die unter das GrEStG fallen (Rz. 53), sollen nach Auffassung der Verwaltung auch die monatlichen oder jährlichen Erbbauzinszahlungen als Teilleistungen unter das Steuerschuldnerverfahren fallen.[2] Voraussetzung ist, dass der Erbbauverpflichtete auf die Steuerfreiheit des Umsatzes verzichtet (Rz. 55). Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (Erbbauberechtigter) soll unabhängig davon gelten, ob der Erbbauzinsvertrag vor oder nach dem 1.4.2004 abgeschlossen wurde.[3]

 

Rz. 55

Da die Umsätze, die unter das GrEStG fallen, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind, ist für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (Abnehmer) Voraussetzung, dass ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option) durch den Lieferer vorliegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher ist bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig (§ 9 Abs. 3 S. 1 UStG). Die Vorschrift des § 9 Abs. 3 S. 1 UStG enthält zwar keine Aussage darüber, gegenüber wem die Option zu erklären ist. Allgemein kann aber davon ausgegangen werden, dass sie gegenüber dem zuständigen Vollstreckungsgericht erklärt werden sollte, da der Erwerber im Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Geboten nicht bekannt sein kann.[4]

 

Beispiel (Abschn. 13b.1 Abs. 2 Nr. 5 UStAE):

Unternehmer U ist Eigentümer eines Werkstattgebäudes, dessen Errichtung mit Darlehen der Bank B finanziert wurde. Da U seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, betreibt B die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Den Zuschlag erhält Unternehmer E. U verzichtet rechtz...

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