3.12.1 Allgemeines

 

Rz. 133

Durch Gesetz v. 25.7.2014[1] wurde mWv 1.10.2014[2] die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Lieferungen der in Anlage 4 bezeichneten Gegenstände erweitert (§ 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG). Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um edle und unedle Metalle, Selen und Cermets in verschiedenen Formen sowie bestimmte Erzeugnisse daraus. Die (zuletzt bis zum 31.12.2026 befristete) Regelung beruht gemeinschaftsrechtlich auf Art. 199a Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL. Zweck der Regelung ist die Vermeidung von Steuerausfällen. Durch das gleiche Gesetz wurde – ebenfalls mWv 1.10.2014 – klargestellt, dass die Steuerschuldverlagerung nicht eintritt, wenn der Lieferer § 25a UStG anwendet (§ 13b Abs. 5 S. 9 UStG a. F., jetzt Abs. 5 S. 10).

 

Rz. 134

Durch Gesetz v. 22.12.2014[3] wurde mWv 1.1.2015 der Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens bei der Lieferung der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände insoweit eingeschränkt, als die Regelung nur gilt, wenn die Summe der für die Lieferung in Rechnung gestellten Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs (netto) mindestens 5.000 EUR beträgt. Damit sollen praktische Probleme der Anwendung vermieden werden. Ferner wurde die Anlage 4 gestrafft, um Abgrenzungsprobleme in der Praxis zu vermeiden. Durch die Streichung der bisherigen Nr. 2 der Anlage 4 (Gold) wurde das Konkurrenzverhältnis zu § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG (Rz. 105) aufgelöst. Somit galt die mWv 1.10.2014 eingeführte Fassung des § 13b Abs. 2 Nr. 11 nur bis zum 31.12.2014. Das BMF hat Übergangsregelungen bis zum 30.6.2015 getroffen.[4]

 

Rz. 134a

Durch Gesetz v. 2.11.2015[5] wurde mWv 6.11.2015 die Anlage 4[6] neu gefasst, um eine in Nr. 3 der Anlage in der bisherigen Fassung enthaltene Ungenauigkeit hinsichtlich der unter die Regelung fallenden Gegenstände zu beseitigen.

[1] Art. 8 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014, BGBl I 2014, 1266.
[3] Art. 11 des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den ZK der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2014, BGBl I 2014, 2417.
[5] Art. 11 Nr. 3 des Steueränderungsgesetzes 2015 v. 2.11.2015, BGBl I 2015, 1834.

3.12.2 Betroffene Gegenstände

 

Rz. 135

In Abschn. 13b.7a Abs. 1 UStAE hat die Verwaltung die unter die Anlage 4 des UStG fallenden Gegenstände detailliert aufgeführt und Abgrenzungen zu den unter § 13b Abs. 2 UStG fallenden Gegenständen vorgenommen.

 

Rz. 136

Abfälle und Schrott aus den genannten Gegenständen fallen unter § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG (Anlage 3; Rz. 87).

 

Rz. 137

Anlage 4 i. d. v. 1.10.2014 bis 31.12.2014 gültigen Fassung enthielt noch Gold und Selen sowie Fertigprodukte wie Stangen (Stäbe), Profile, Draht, Bleche, Bänder, Folien und andere flachgewalzte Erzeugnisse. Abgesehen davon, dass diese Produkte in der Praxis häufig an Endverbraucher geliefert werden, ist unionsrechtlich gem. Art. 199a Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL das Reverse-Charge-Verfahren nur bei Lieferung von Rohmetallen, Metallhalberzeugnissen oder Edelmetallen zulässig.

 

Rz. 138

Bei Zweifeln, ob ein Gegenstand unter die Anlage 4 fällt, können der Lieferer, der Abnehmer und auch das FA eine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke (uvZTA) mit dem Vordruckmuster 0310 beim zuständigen Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung einholen. Die Ausführungen in Rz. 88 gelten entsprechend (Abschn. 13b.7a Abs. 1 S. 2 UStAE).

 

Rz. 139

In der Praxis dürfte der Einholung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft keine allzu große Bedeutung zukommen, da auch in den Fällen des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG die Möglichkeit besteht, von der Vereinfachungsregel nach § 13b Abs. 5 S. 8 UStG Gebrauch zu machen. Haben die Parteien Zweifel, ob ein Liefergegenstand unter § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG fällt, so können sie danach einvernehmlich das Reverse-Charge-Verfahren anwenden, vorausgesetzt, der Umsatz wird vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert, sodass kein Steuerausfall entsteht.

 

Rz. 140

Werden Gegenstände geliefert, die nur teilweise unter die Anlage 4 fallen, ergeben sich unterschiedliche Steuerschuldner, was bei der Rechnungsstellung zu beachten ist. Eine Abrechnung in verschiedenen Rechnungen ist jedoch nicht erforderlich (Abschn. 13b.7a Abs. 1 S. 3 i. V. m. Abschn. 13b.4 Abs. 2 S. 1 u. 2 UStAE; Rz. 89).

 

Rz. 141

Werden Mischungen und Warenzusammensetzungen geliefert, die sowohl aus in der Anlage 4 bezeichneten als auch aus dort nicht genannten Gegenständen bestehen, muss grundsätzlich eine getrennte Beurteilung der Bestandteile vorgenommen werden. Soweit dies nicht möglich ist, unterliegt die gesamte Lieferung dem Reverse-Charge-Verfahren, wenn die unter die Anlage 4 fallenden Stoffe oder Best...

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