Rz. 12

§ 13 Abs. 1 UStG regelt nicht die Voraussetzungen der Entstehung der USt, sondern unter Hinweis auf § 16 UStG lediglich den Zeitpunkt der Entstehung der USt. Materiell-rechtlich hängt die Entstehung der USt in allen Fällen des § 13 Abs. 1 UStG von der Verwirklichung der in dieser Vorschrift aufgeführten Tatbestände ab. Dabei ist eine Steuerfestsetzung durch das FA ebenso wenig erforderlich wie das Ausstellen einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis. Es kommt für das Entstehen der USt auch nicht darauf an, ob der Unternehmer den betreffenden steuerbaren Vorgang in seine Voranmeldung bzw. Steuererklärung aufnimmt oder nicht.[1] Die USt entsteht vielmehr durch die Verwirklichung der jeweiligen Steuertatbestände kraft Gesetzes.[2] Insofern füllt § 13 UStG auch nicht die Blankettvorschrift des § 38 AO aus, der zufolge die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.[3]

 

Rz. 13

Rechtstechnisch knüpft das Gesetz nun aber hinsichtlich des Entstehungszeitpunkts der Steuer nicht an die Verwirklichung eines jeden steuerbaren tatsächlichen Vorgangs an. Vielmehr fasst § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b und d, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5 und Nr. 9 UStG aus praktischen Erwägungen heraus die umsatzsteuerbaren Vorgänge eines bestimmten Zeitraums – und zwar des Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraums – zusammen und bestimmt, dass für alle in einem Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraum bewirkten steuerbaren Tatbestände die USt "mit Ablauf des Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraums" entsteht. Ausgenommen hiervon ist die USt im Fall der Beförderungseinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5 UStG, die beim jeweiligen Überschreiten der Grenzen zum Drittlandsgebiet von der Eingangs- oder Ausgangszollstelle erhoben wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c UStG). Die durch das UStBG v. 25.8.1992 (Rz. 3) eingeführten Tatbestände des innergemeinschaftlichen Erwerbs erforderten wiederum abweichende Regelungen bezüglich des Entstehungszeitpunkts der Steuer (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 bis 8 UStG).

 

Rz. 14

§ 13 UStG betrifft nur die "in dem Besteuerungszeitraum entstandene" Steuer i. S. v. § 16 Abs. 1 UStG, d. h. die eine unselbstständige Besteuerungsgrundlage. Diese ist mit den Vorsteuerabzugsansprüchen i. S. v. § 16 Abs. 2 UStG zu saldieren (ausg. in den Fällen des § 16 Abs. 1a UStG; vgl. § 16 Abs. 1a S. 3 UStG). Der Saldo ergibt dann die für den Besteuerungszeitraum zu berechnende Steuer i. S. v. § 18 Abs. 1 UStG.[4] Weder die gem. § 13 Abs. 1 UStG entstandene Steuer noch der Vorsteuerabzugsanspruch führen ein verfahrensmäßiges Eigenleben. Sie sind vielmehr beide integrale Bestandteile der Steuerberechnung nach § 16 UStG. Erst der Saldo aus beiden Besteuerungsgrundlagen ergibt die für den Besteuerungszeitraum festzusetzende (positive oder negative) Steuer i. S. v. § 18 Abs. 1 UStG.[5]

 

Rz. 15

Weder in § 13 UStG noch in § 15 UStG ist eine Regelung zum Zeitpunkt des Entstehens des Rechts auf Vorsteuerabzug enthalten. Nach Art. 167 MwStSystRL entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Damit wird an den Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in Art. 63 MwStSystRL angeknüpft, was zu einem zeitgleichen Entstehen der Steuer des Leistenden und des Vorsteuerabzugsrechts des Leistungsempfängers führt. Daraus darf aber nicht gefolgert werden, dass die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug stets für den Besteuerungszeitraum zu erfolgen hat, in dem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht. Gem. Art. 178 MwStSystRL ist für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nämlich außer der Leistungsbewirkung das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung erforderlich. Fallen Leistung und Rechnungseingang in verschiedene Besteuerungszeiträume, so kann das Recht auf Vorsteuerabzug erst dann ausgeübt werden, wenn beide Voraussetzungen erstmalig erfüllt sind.[6]

 

Rz. 16

Die Anknüpfung des Rechts auf Vorsteuerabzug an die Entstehung der Steuer gilt allerdings nicht, wenn der leistende Unternehmer die Ist-Besteuerung anwendet. Hier entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug – wie im Fall der Soll-Besteuerung – bereits mit der Leistungsbewirkung und Rechnungserteilung, die Steuer beim Leistenden jedoch erst mit Zahlungseingang (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG; vgl. § 20 UStG).

 

Rz. 17

Die Sonderregelung der Anzahlungsbesteuerung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG) führt hingegen zu einer Vorverlagerung sowohl der Entstehung der Steuer als auch des Rechts zum Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 UStG). Die Steuer entsteht hier trotz noch nicht vorliegender Leistungserbringung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Anzahlung/Vorauszahlung vereinnahmt worden ist. Gleichzeitig entsteht beim (künftigen) Leistungsempfänger das Vorsteuerabzugsrecht.

 

Rz. 18

Das Recht auf Abzug der Erwerbsteuer als Vorsteuer (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG) entsteht im gleichen Zeitpunkt, in dem die Erwerbsteuer entsteht.[7] Folglich kann der Unternehmer de...

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