Rz. 28

Obwohl die Bundesrepublik Deutschland mit der Erhöhung des allgemeinen Steuersatzes von 16 auf 19 % zum 1.1.2007 beim Vergleich der EU-Mitgliedstaaten (Rz. 114) in das Mittelfeld aufgerückt ist, sind für die Zukunft weitere Erhöhungen der Umsatzsteuersätze nicht auszuschließen. Die Notwendigkeit hierzu kann sich aus vielerlei Gründen ergeben. In erster Linie sind künftige Umsatzsteuererhöhungen denkbar, um die Struktur des Steuersystems weiter zu verbessern, d. h. den Anteil der indirekten Steuern am Gesamtsteueraufkommen zu erhöhen und den Anteil der direkten Steuern entsprechend zu senken, auch aus Gründen des Wettbewerbs mit anderen Staaten. Darüber hinaus ist auch in Zukunft eine weitere Anhebung der USt zur Haushaltsfinanzierung nicht ausgeschlossen.

 

Rz. 29

Schließlich kann auch die weitere Harmonisierung der Steuersätze innerhalb der EU Auswirkungen auf die Höhe der Steuersätze in Deutschland haben. Durch die sog. Steuersatz-Richtlinie 92/77/EWG v. 19.10.1992[1] ist ein Mindeststeuersatz von 15 % festgelegt worden. Diese Festlegung war zunächst bis zum 31.12.1996 befristet, ist aber in den Folgejahren immer wieder verlängert worden. Bei der letzten Verlängerung der Frist wurde jedoch – anders als zuvor – jedoch nur eine Verlängerung um zwei Jahre ausgesprochen. Dies hing mit den Plänen der EU-Kommission zusammen, Vorschläge für ein endgültiges MwSt-System nach dem Bestimmungslandprinzip und in diesem Zusammenhang auch Vorschläge für eine neue Steuersatzstruktur zu machen. Diese Vorschläge hatte die EU-Kommission am 18.1.2018 unterbreitet. Danach sollte weiterhin am Mindestsatz für den MwSt-Normalsatz von 15 % festgehalten werden (Rz. 106f ff.). Da aber der Zeitpunkt der Einführung des endgültigen MwSt-Systems nach dem Bestimmungslandprinzip noch nicht abzusehen war, hatte der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission am 22.6.2018 einer weiteren Verlängerung des Mindestnormalsatzes von 15 % zugestimmt.[2] Erstmals wird jedoch mit dieser Richtlinie der Mindestnormalsatz von 15 % ohne Befristung für die Zukunft festgeschrieben. Die Richtlinie ist am 17.7.2018 in Kraft getreten. Da die Richtlinie keine Rückwirkung vorsieht, galt für die Zeit vom 1.1.2018 bis 16.7.2018 kein Mindeststeuersatz für den Normalsatz. Dies hatte jedoch keine praktischen Konsequenzen, da kein EU-Mitgliedstaat in diesem Zeitraum seinen Normalsatz unter 15 % gesenkt hat.

Durch die EU-Richtlinie v. 5.4.2022[3] wird am Mindestnormalsatz von 15 % festgehalten. Das ab 6.4.2022 geltende Unionsrecht steht somit weder einer Erhöhung noch einer Senkung des allgemeinen Steuersatzes bis zu 15 % in Deutschland entgegen.

[1] ABl EG 1992 Nr. L 316, 1.
[2] Richtlinie (EU) 2018/92 des Rates v. 22.6.2018, ABl EU 2018 L 162, 1.
[3] Richtlinie (EU) des Rates v. 5.4.2022 zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze, ABl EU 2022 Nr. L 107, 1, in Kraft getreten am 6.4.2022.

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