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Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 9 S. 2 UStG beruht auf Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anhang III Nr. 14 und 17 MwStSystRL. Danach können ermäßigte Steuersätze seit dem 1.1.1993 grundsätzlich nur noch auf die Güter und Dienstleistungen angewendet werden, die in Anhang III der MwStSystRL aufgeführt sind. In Anhang III der MwStSystRL ist die Möglichkeit der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Überlassung von Sportanlagen usw. sowie auf medizinische Versorgungsleistungen und zahnärztliche Leistungen sowie Thermalbehandlungen, soweit diese nicht gem. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b bis e MwStSystRL von der Steuer befreit sind, vorgesehen. Es soll zweifelhaft sein, ob die Steuerbegünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 9 S. 2 UStG von Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anhang III Nr. 14 und 17 MwStSystRL gedeckt ist.[1] Bei der – umsatzsteuerrechtlich begünstigten – Bereitstellung von Kureinrichtungen handelt es sich jeweils um eine einheitliche Gesamtleistung, die sich aus verschiedenartigen Einzelleistungen – z. B. die Veranstaltung von Kurkonzerten, das Gewähren von Trinkkuren sowie das Überlassen von Kurbädern, Kurstränden, Kurparks und anderen Kuranlagen oder -einrichtungen zur Benutzung – zusammensetzt.[2] Die Bereitstellung von Kureinrichtungen gegen Erhebung einer Kurtaxe ist eine einheitliche Leistung, deren einzelne Bestandteile für sich teilweise steuerfrei wären (z. B. Kurkonzerte) oder dem ermäßigten Steuersatz unterlägen (z. B. Schwimmbäder, Trinkkuren). Unter "Bereitstellung von Kureinrichtungen" sind unterschiedliche Einzelleistungen wie Kurbäder, Kuranlagen, Kurstrände und Kurparks sowie die Veranstaltung von Kurkonzerten und die Gewährung von Trinkkuren zu verstehen, die als einheitliche Gesamtleistung beurteilt werden. Durch die Anwendung des allgemeinen Steuersatzes auf die einheitliche Leistung hätten sich für die Bäderverwaltungen Wettbewerbsnachteile ergeben. Diese Nachteile werden durch die Erweiterung der Steuerermäßigung auf die Bereitstellung von Kureinrichtungen vermieden. Eine aufgrund der Kommunalabgabengesetze der Länder oder vergleichbarer Regelungen erhobene Kurtaxe kann aus Vereinfachungsgründen als Gegenleistung für eine in jedem Fall nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ermäßigt zu besteuernde Leistung angesehen werden.[3] Eine andere Bezeichnung als "Kurtaxe" (z. B. Kurbeitrag oder -abgabe) ist unschädlich. Voraussetzung für die Anwendung der Steuerermäßigung ist, dass die Gemeinde als Kur-, Erholungs- oder Küstenbadeort anerkannt ist.[4] Diese Auslegung der Vorschrift deckt sich mit der geläufigen Bedeutung des Wortes "Kurtaxe", wonach eine "Kurtaxe (Kurbeitrag)" eine in staatlich anerkannten Heilbädern, Kurorten, Luftkurorten, Erholungsorten oder Küstenbadeorten erhobene zweckgebundene Abgabe ist, die von den Kurgästen zur Finanzierung und Unterhaltung der Kureinrichtungen entrichtet wird.[5] Nach dieser geläufigen Bedeutung des Wortes kann eine Kurtaxe nicht von jeder Gemeinde, sondern nur von Kurorten erhoben werden.

[3] Abschn. 12.11 Abs. 5 S. 2 UStAE – zurückgehend auf BMF v. 2.8.2011, S 7243/11/10001, BStBl I 2011, 754.
[5] Enzyklo – Online Enzyklopädie, http://www.enzyklo.de/Begriff/Kurtaxe; vgl. a. die Definition in Duden-online: "Gebühr, die ein Gast in einem Kur- oder Fremdenverkehrsort bezahlen muss", http://www.duden.de/rechtschreibung/Kurtaxe, welche ebenfalls das Vorliegen eines Kur- bzw. Fremdenverkehrsortes beinhaltet.

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