2.1 Zeitpunkt der Lieferung ist maßgebend

 

Rz. 11

Der Nullsteuersatz ist nur auf solche Fotovoltaikanlagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 geliefert, innergemeinschaftlich erworben, eingeführt und installiert werden (sog. Neuanlagen) (Rz. 7). Vor dem 1.1.2023 gelieferte, innergemeinschaftlich erworbene, eingeführte und installierte Fotovoltaikanlagen (sog. Altanlagen) unterliegen dem allgemeinen Steuersatz von 19 %. Bei der Lieferung von Fotovoltaikanlagen (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG) ist für die Abgrenzung von Alt- und Neuanlagen allein der Zeitpunkt der Lieferung maßgeblich. Nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bestellung bzw. Auftragsvergabe, das Rechnungsdatum oder der Tag der Entgeltentrichtung (Tag der Bezahlung der Rechnung). Hat der Lieferer der Fotovoltaikanlage vor dem Stichtag 1.1.2023 vom Besteller eine Anzahlung zuzüglich 19 % USt gefordert und erhalten, die Anlage aber erst im Jahr 2023 geliefert, unterliegt die Lieferung der gesamten Anlage dem Steuersatz von 0 %. Der Lieferer kann die bereits in einer USt-Voranmeldung des Jahres 2022 versteuerte Anzahlung in der USt-Voranmeldung des Monats oder Vierteljahres der Leistungserbringung im Jahr 2023 berichtigen (vom Finanzamt zurückfordern). Der Besteller muss einen eventuell aus der Anzahlungsrechnung in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug rückgängig machen. Er erhält die von ihm bereits an den Lieferer gezahlte USt auf die Anzahlung im Rahmen der Endrechnung, in der die gesamte Anlage mit 0 % USt in Rechnung gestellt wird, erstattet bzw. angerechnet (Rz. 122).

2.2 Trennung von Warenlieferung und Installation

 

Rz. 12

Kauft ein späterer Fotovoltaikanlagenbetreiber einzelne Komponenten einer Fotovoltaikanlage (z. B. Solarmodule, Wechselrichter, Speicher), ohne dass der Verkäufer zur Installation dieser Einzelteile verpflichtet ist, handelt es sich um eine reine Warenlieferung i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG. Dies ist in der Praxis gegeben, wenn der Anlagenbetreiber die Installation entweder selbst vornimmt oder damit einen anderen Unternehmer (insbesondere einen selbstständigen Handwerker) beauftragt. Im Falle der Beauftragung eines anderen Unternehmers mit der Installation liegen zwei getrennte Leistungen vor, auch wenn sie an denselben Leistungsempfänger (Anlagenbetreiber) erbracht werden (vgl. Abschn. 3.10 Abs. 4 S. 2 UStAE):

  1. Die erste Leistung besteht in der Lieferung der Komponenten vom Händler an den späteren Anlagenbetreiber (§ 3 Abs. 1 UStG). Bei Lieferungen im Inland richtet sich der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG. Die Lieferungen werden mit der Verschaffung der Verfügungsmacht am Liefergegenstand ausgeführt. Bei sog. Abhollieferungen ist die Verfügungsmacht mit der Übergabe an den Käufer im Laden oder Lager verschafft und die Lieferung zu diesem Zeitpunkt ausgeführt. Wird die Ware vom Händler an den späteren Anlagenbetreiber versandt (z. B. bei einer Bestellung im Internet), gilt die Lieferung mit der Übergabe an den Versanddienstleister (z. B. einen Spediteur oder Paketdienst) als ausgeführt (§ 3 Abs. 6 S. 4 UStG, Abschn. 13.1 Abs. 2 S. 2 UStAE). Liegt der Zeitpunkt der Lieferung der Komponenten vor dem 1.1.2023, unterliegt die Lieferung dem allgemeinen Steuersatz von 19 %. Bei einem Lieferzeitpunkt nach dem 31.12.2022 unterliegt die Lieferung dem Nullsteuersatz, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG erfüllt sind.
  2. Die zweite Leistung besteht in der Installationsleistung des Unternehmers (z. B. selbstständiger Handwerker) an den späteren Anlagenbetreiber. Wenn die wesentlichen Komponenten der Fotovoltaikanlage vom späteren Betreiber gestellt werden, erbringt der Montageunternehmer eine sonstige Leistung in Form einer Werkleistung an den späteren Anlagenbetreiber (vgl. Abschn. 3.8 Abs. 1 S. 3 UStAE). Diese Werkleistung gilt im Zeitpunkt ihrer Vollendung als ausgeführt (vgl. Abschn. 13.1 Abs. 3 S. 1 UStAE). Wird die Werkleistung vom Auftraggeber (späterer Anlagenbetreiber) förmlich abgenommen (z. B. durch ein Abnahme- und Inbetriebnahmeprotokoll) ist die Leistung am Tag der Abnahme bzw. Inbetriebnahme ausgeführt. Liegt dieser Tag noch im Jahr 2022 oder vorher, unterliegt die Werkleistung dem allgemeinen Steuersatz von 19 %. Dies gilt unabhängig davon, ob die gemeinsame Inbetriebnahme mit dem Netzbetreiber erst im Jahr 2023 erfolgt, weil dies nicht mehr Teil der Leistung des Montageunternehmers ist.[1]

    Liegt der Tag der Abnahme bzw. Inbetriebnahme dagegen im Jahr 2023 oder später, unterliegt die gesamte Werkleistung des Unternehmers dem Nullsteuersatz.

 

Rz. 13

Wenn die unterschiedlichen Leistungen einerseits im Jahr 2022 und andererseits im Jahr 2023 ausgeführt werden, unterliegen sie unterschiedlichen Steuersätzen. So unterliegt z. B. die Lieferung der Solarmodule und deren wesentlichen Komponenten durch Unternehmer A im Jahr 2022 endgültig dem allgemeinen Steuersatz von 19 %. Die davon zu trennende Installation der Anlage durch Unternehmer B im Jahr 2023 unterliegt dagegen endgültig dem Nullsteuersatz (§ 12 Abs. 3 Nr. 4 UStG). Will der Anlagenbetreiber in diesem Fall von der ihm in Rechnung gestellten USt ...

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