Rz. 490

Die umsatzsteuerrechtliche Erfassung der regenerativen Energien unterlag in den vergangenen Jahren diversen Veränderungen, die im Wesentlichen auf externe Faktoren, im Besonderen die unterschiedlichen Förderungsmaßnahmen, zurückzuführen waren. (Privat-)Personen, die regenerativ erzeugte Energie in ein Netz einspeisen, führen damit eine unternehmerische Tätigkeit[1] aus. Aufgrund der unterschiedlichen Förderung nach dem EEG[2] haben sich auch verschiedene Möglichkeiten des dezentralen (privaten) Verbrauchs der erzeugten Energie ergeben. Diese Möglichkeiten sind im Wesentlichen von den verschiedenen Zeitpunkten der Inbetriebnahme der Anlage abhängig und wirken dann fort. Für Fotovoltaikanlagen gilt dabei Folgendes:

  • Inbetriebnahme der Anlage bis zum 31.12.2009 sowie ab dem 1.4.2012:[3] Nur die tatsächlich eingespeiste Energiemenge wird als Lieferung gegenüber dem Leistungsempfänger (im Regelfall der Netzbetreiber) steuerbar und steuerpflichtig ausgeführt, soweit die Anlage dem Unternehmen zugeordnet wurde. Soweit nicht der insgesamt erzeugte Strom in das Netz eingespeist wird, wird die Anlage nicht ausschließlich für unternehmerische Umsätze verwendet. Abhängig davon, ob der Unternehmer den nicht eingespeisten Strom für private Zwecke oder nichtwirtschaftliche Zwecke verwendet, ergibt sich bei Leistungsbezug ein Aufteilungsgebot für die PV-Anlage oder ein Zuordnungswahlrecht. Soweit die Anlage berechtigterweise dem Unternehmen voll zugeordnet worden ist, muss der dezentral verbrauchte Strom als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG besteuert werden, soweit ein Vorsteuerabzug aus dem Leistungsbezug geltend gemacht werden konnte.[4]
  • Inbetriebnahme der Anlage in der Zeit zwischen dem 1.1.2009 und dem 31.3.2012:[5] Da der gesamte erzeugte Strom als in das Netz eingespeist galt, war die Anlage zwingend dem Unternehmen zuzuordnen – ein Zuordnungswahlrecht, ausgeübt durch bestimmte Dokumentationspflichten, ergab sich nicht. Da der dezentral verbrauchte Strom als vom Netzbetreiber an den Unternehmer (für dessen nichtunternehmerischen Bereich) geliefert galt, ergaben sich keine weiteren Rechtsfolgen; insbesondere muss der Unternehmer keinen Eigenverbrauch der Besteuerung unterwerfen. Der tatsächlich in das Netz eingespeiste Strom wie auch der selbst verbrauchte Strom (technisch wird hier von einer Einspeisung und einem Rückkauf – Tausch nach § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG – ausgegangen) ist nach Auffassung der Finanzverwaltung der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen. Allerdings hat der BFH[6] zur Zahlung des sog. KWK-Zuschlags[7] bei den KWK-Anlagen keine Rechtsgrundlage für eine (fiktive) Hin- und Rücklieferung gesehen. Da eine Lieferung die Verschaffung der Verfügungsmacht wenigstens für eine ideelle Sekunde erforderlich mache, sei der dezentral verbrauchte Strom nicht an den Netzbetreiber geliefert worden und kann auch nicht zurückgeliefert werden. Die Finanzverwaltung hat noch nicht auf diese Urteile reagiert.
 

Rz. 491

Bevor die Bemessungsgrundlage einer unentgeltlichen Wertabgabe von Energie aus dem Unternehmen ermittelt werden muss, ist zu prüfen, ob es überhaupt nach § 3 Abs. 1b UStG zu einer steuerbaren Wertabgabe kommt. Dazu muss die Anlage dem Unternehmen zugeordnet worden sein, ein Vorsteuerabzug möglich gewesen sein und es muss zu einer unentgeltlichen Abgabe von Strom oder Wärme kommen. Die Rechtsfolgen einer unentgeltlichen Wertabgabe können dabei in Abhängigkeit des jeweiligen Sachverhalts unterschiedlich sein, wobei die abschließende Beurteilung noch offen und derzeit Gegenstand eines Verfahrens beim EuGH ist. Im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Abgabe von Wärme aus einer Biogas-Anlage mit angeschlossenem Blockheizkraftwerk (BHKW) an einen Bauern, der mit der ihm unentgeltlich zur Verfügung gestellten Wärme[8] seine Spargelfelder beheizte, stellt sich für den BFH jetzt die Frage, ob – und wenn ja, unter welchen Bedingungen – eine solche unentgeltliche Wertabgabe zu einer Umsatzbesteuerung führen kann.

Der BFH[9] hat in dem Vorlageverfahren sehr systematisch die unterschiedlichen Szenarien zur unentgeltlichen Ausführung einer Lieferung durch einen Unternehmer dargestellt und die dazu aus seiner Sicht passenden umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen dargestellt. Insgesamt ergeben sich aus Sicht des BFH 6 Szenarien, wie in dem vorliegenden Fall mit der Wärmeabgabe verfahren werden kann, wenn die Anlage dem Unternehmen soweit rechtlich möglich voll zugeordnet wurde (bzw. werden musste), der Vorsteuerabzug dem Grunde nach zulässig war und der erzeugte Strom steuerpflichtig geliefert wird:

  1. Die Wärme kann ungenutzt entweichen. In diesem Fall kann sich keine besteuerte Wertabgabe ergeben, da keine (fiktive) Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1b S. 1 UStG vorliegt. Es liegt auch keine den Vorsteuerabzug einschränkende "Verwendung" vor.
  2. Die Wärme könnte für die Beheizung der eigenen Wohnung des Betreibers genutzt werden. Diese Verwendung würde zu einer Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG führe...

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