Revision eingelegt (BFH I R 9/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung bei Irrtum der für die Kapitalgesellschaft handelnden Person

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Irrtum der für die Kapitalgesellschaft handelnden Person steht der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung gem.§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dann nicht entgegen, wenn der Irrtum einem gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nicht unterlaufen wäre.

 

Normenkette

AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 41 Abs. 1 S. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.11.2023; Aktenzeichen I R 9/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht davon ausgeht, dass es im Rahmen einer bei der A GmbH im Streitjahr 2008 durchgeführten Kapitalerhöhung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) gekommen ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Sie wurde mit Vertrag vom 14. August 2008 gegründet. Das Stammkapital betrug 125.000 € und wurde von der alleinigen Gesellschafterin Frau B in Höhe von 25.000 € durch Einbringung ihres (100 %-igen) Geschäftsanteils an der A GmbH sowie in Höhe von 100.000 € durch eine Bareinlage erbracht. B wurde auch zur Geschäftsführerin der Klägerin bestellt.

Neben dem Betrieb der A GmbH, einer Handelsgesellschaft, unterhielt B seit 1992 als niedergelassene Ärztin ein Labor in Gestalt einer Einzelpraxis. Hintergrund der Gründung der Klägerin war ein vom steuerlichen Berater der B, Herrn Steuerberater D, begleitetes Gesamtkonzept zur Vermögensbildung auf Seiten der B und ihres Ehegatten (im Folgenden E). Da die A GmbH erhebliche Gewinne erwirtschaftete, die B angesichts der Einnahmen aus ihrem Labor nicht benötigte, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, schlug Herr Steuerberater D vor, die Gewinne der A GmbH zur Vermögensbildung durch Immobilienbesitz zu verwenden. Dazu sollte eine Holding-Gesellschaft gegründet werden, die zugleich Komplementär-GmbH einer von B und E zu gründenden KG werden und in die der Anteil der B an der A GmbH eingebracht werden sollte. Außerdem sollte das in F belegene Betriebsgrundstück der A GmbH eingebracht werden, das im Eigentum von B und E stand und auf dem auch das Labor der B betrieben wurde. Mit den der Holdinggesellschaft zufließenden Gewinnen der A GmbH sollten künftig weitere Immobilien erworben werden. Entsprechend wurde verfahren. Es wurde die Klägerin als besagte Holdinggesellschaft und später auch eine H Grundbesitz GmbH & Co. KG gegründet. Das genannte Betriebsgrundstück wurde eingebracht, mittlerweile hat die Gesellschaft weitere Immobilien erworben.

Parallel zu diesen Vorgängen reifte im Jahr 2008 die Überlegung, das von B betriebene Labor in ein Medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer GmbH, nämlich die I Labor GmbH, umzuwandeln. Dies erfolgte zum 31. Dezember 2008.

Im Zuge der Gründung der Klägerin war auch thematisiert worden, wie eine für erforderlich erachtete Kapitalerhöhung bei der A GmbH erfolgen könnte. Hierzu war am 11. August 2008 in der Kanzlei des Herrn Steuerberater D ein Aktenvermerk gefertigt worden, der über folgenden auszugsweisen Inhalt verfügt:

"[...] Die A GmbH soll in die neu zu gründende K Verwaltungs-GmbH eingebracht werden. Die A GmbH hat ein Stammkapital in Höhe von Euro 25.000, die K Verwaltungs-GmbH soll durch Sacheinlage der Anteile an der A GmbH in Höhe von Euro 25.000 und durch Bareinlage in Höhe von Euro 25.000 gegründet werden.

Gleichzeitig möchte Frau B das Stammkapital der A GmbH von Euro 25.000 um Euro 75.000 auf Euro 100.000 erhöhen.

In diesem Zusammenhang ist zu prüfen in welcher Reihenfolge die Kapitalerhöhung bezogen auf die Umstrukturierung durchgeführt wird:

1. Die Kapitalerhöhung wird vor der Einbringung durch die Gesellschafterin Frau B durchgeführt. Es erfolgt eine Einzahlung in Höhe von Euro 75.000 von B privat, ihre Anschaffungskosten (§ 17 EStG) erhöhen sich entsprechend. Die Kapitalerhöhung findet aufschiebend bedingt statt. Da Herr Dr. M hierin ein haftungsrechtliches Problem sieht, haben wir uns gegen diese Vorgehensweise entschieden.

2. Es werden zuerst die Anteile an der A GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von Euro 25.000 in die K Verwaltungs-GmbH eingebracht. Nach Eintragung der K Verwaltungs-GmbH wird das Kapital der A GmbH auf Euro 100.000 erhöht. Die Erhöhung erfolgt durch die K Verwaltungs-GmbH indem diese mit 100.000 in bar und 25.000 Sacheinlage gegründet wird, ihr somit liquide Mittel in Höhe von Euro 75.000 zur Verfügung stehen.

Nach Rücksprache mit Frau B soll die zweite Variante durchgeführt werden."

Die (hier verfahrensgegenständliche) Erhöhung des Stammkapitals der A GmbH wurde am 11. Dezember 2008 beschlossen. Sie war von Seiten der A GmbH maßgeblich von einem ihrer Mitarbeiter, Herrn O, sowie durch Herrn Steuerberater D vorbereitet worden. Insofern hatte Herr Steuerberater D einen Entwurf für den zu beurkundenden Gesellschafterbeschluss erstellt, den er zunächst am 25. November 2008 per E-Mail der A G...

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