rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerzahlung als insolvenzrechtlich anfechtbare Handlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Haftung für Steuern (Lohnsteuer, Umsatzsteuer), wenn eine nach steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach insolvenzrechtlichen Vorschriften der § 130 ff InsO anfechtbare Handlung darstellt.

 

Normenkette

AO §§ 69, 191; InsO §§ 92, 129; EStG § 38 Abs. 3 S. 1, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl.) wendet sich mit seiner Klage gegen die Inanspruchnahme als Haftender der Steuerschulden der GmbH.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kl. ist seit 1992 als kaufmännischer Angestellter Geschäftsführer der GmbH. Zu weiteren Geschäftsführern sind die Kauffrau A und der technische Angestellte B bestellt worden. Die Geschäftsführer sind jeweils alleinvertretungsberechtigt. Die Geschäftsführerin A ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit. Das Stammkapital von 50.000 DM wird zu 91,4 v.H. von Frau A gehalten. Der Kl. ist zu 8,6 v.H. am Stammkapital beteiligt. Die Mehrheitsgesellschafter- und Geschäftsführerin Frau A teilte der Firma X mit, das für ihren Ehemann C volle Handlungsvollmacht zur Wahrnehmung der Interessen der GmbH besteht. Bezüglich der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Geschäftsführertätigkeit des Kl. teilte die AOK dem Landesarbeitsamt mit, dass dazu geneigt werde, Versicherungspflicht anzuerkennen, obwohl einiges für das Vorliegen einer weisungsfreien Geschäftsführertätigkeit spreche.

Die GmbH schuldete nach dem Stand vom 07. Mai 2003 Steuern und Nebenabgaben im Gesamtbetrag von 221.586,32 €. Es handelt sich um Umsatzsteuern und Lohnsteuern der Jahre 1999 bis 2003.

Die Vollstreckung in das Vermögen der GmbH blieb ohne Erfolg.

Am 02. April 2003 wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzantrag gestellt. Mit Beschluss vom 05. Mai 2003 erfolgte die Gutachterbestellung und am 9. Mai 2003 wurde Steuerberater ... zum vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß §§ 21, 22 Insolvenzordnung (InsO) bestimmt. Am 1. August 2003 wurde für die GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

Nach vorheriger Gewährung rechtlichen Gehörs nahm das beklagte Finanzamt (FA) den Kl. mit Haftungsbescheid vom 14. Mai 2003 für die oben genannten Steueransprüche gegenüber der GmbH in Höhe von 122.896,76 € in Haftung. Bezüglich der aufgeführten Lohnsteuerbeträge wurde der Kl. in voller Höhe über insgesamt 24.207,20 € in Haftung genommen. Bezüglich der übrigen Beträge setzte das FA eine Haftungsquote von 50 v.H. Haftungssumme mithin 98.689,56 € fest. Im Einzelnen führte das FA u. a. aus: Die Haftung ergebe sich aus § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 69 AO. Der Kl. sei seit 1993 Geschäftsführer der GmbH und habe als solcher die steuerlichen Pflichten der GmbH entsprechend § 34 Abs. 1 AO zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet und die Steuererklärungspflichten im Sinne der §§ 149 ff AO erfüllt würden. Die im Haftungsbescheid aufgeführten Steueransprüche seien jedoch nicht erfüllt worden. Die eine Haftung begründenden Pflichtverletzungen stellten sich wie folgt dar. Bezüglich der Lohnsteuer sei die GmbH nach § 41 a Einkommensteuergesetz (EStG) verpflichtet, die von den Einkünften ihrer Arbeitnehmer durch Abzug vom Arbeitslohn zu erhebende Lohnsteuer einzubehalten und an das FA abzuführen. Für diese Einhaltung und Abführung hafte sie nach § 42 d EStG, der Kl. habe als Geschäftsführer gemäß § 34 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 35 GmbH-Gesetz (GmbHG) die Pflicht, die Beträge, die nur treuhänderisch für die Arbeitnehmer verwaltet würden und demzufolge nicht zweckwidrig oder eigenmächtig verwendet werden dürften, rechtzeitig an das FA weiterzuleiten. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen. Dies könne auch nicht mit dem Fehlen von Geldmitteln entschuldigt werden, weil in diesem Fall die Auszahlungen an die Arbeitnehmer hätten entsprechend gekürzt werden müssen. Als treuhänderische Fremdgelder seien Lohnsteuern stets vorrangig vor sonstigen Verbindlichkeiten an das FA abzuführen. Die Frage des Verschuldens sei insofern streng zu beurteilen. Der Kl. hafte daher für die abgeführten Lohnsteuerbeträge in voller Höhe. Bezüglich der übrigen Steuerrückstände seien die Umsatzsteuervoranmeldungen 7, 10 und 11/2002 und die Umsatzsteuerjahreserklärungen 1999 und 2000 verspätet eingereicht worden, so dass die Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt worden seien und das FA Verspätungszuschläge festgesetzt habe. Die im Haftungsbescheid insoweit aufgeführten Beträge habe der Kl. nicht entrichtet, obwohl er gemäß § 34 AO zur Bereithaltung der hierfür erforderlichen Mittel verpflichtet gewesen wäre. Da das FA Maßnahmen zur Beitreibung der Rückstände ergriffen habe, seien die genannten Voll-streckungsgebühren entstanden. Hinsichtlich dieser Beträge gelte der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Grundsatz der anteiligen Tilgung, wonach das FA ...

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