Ein Problem ergibt sich für einen Leistungsempfänger auch dann, wenn er eine Leistung erhält, die dem Grunde nach dem Reverse-Charge-Verfahren nach § 13b UStG unterliegt. Das Reverse-Charge-Verfahren setzt regelmäßig voraus, dass der leistende Unternehmer eine in § 13b Abs. 1 und Abs. 2 UStG aufgeführte Leistung in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig ausführt und der Leistungsempfänger Unternehmereigenschaft hat. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Leistungen ausländischer Unternehmer[1] i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG. Ist es zweifelhaft, ob der Leistende ein solcher ausländischer Unternehmer ist, hat der Leistungsempfänger das Reverse-Charge-Verfahren nur dann nicht anzuwenden, wenn er eine Bestätigung des für den leistenden Unternehmer zuständigen Finanzamts vorliegen hat[2], dass es sich nicht um einen ausländischen Unternehmer handelt. Wird im Zusammenhang mit einer solchen Leistung die Identität des leistenden Unternehmers verschleiert oder durch gefälschte Unterlagen das Reverse-Charge-Verfahren zu umgehen versucht, wird der Leistungsempfänger trotzdem zum Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG. Soweit der Leistungsempfänger aber die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hat walten lassen, sollte ihm hier in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des EuGH auch ein Vertrauensschutz zustehen.[3]
Steuerschuldnerschaft bei gefälschter Ansässigkeitsbescheinigung
Investor I errichtet in Bremen ein Mietwohnhaus. Er beauftragt den mit einer niederländischen Anschrift auftretenden Bauunternehmer B, eine Bauleistung im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben zu erbringen. B legt I eine Bescheinigung des Finanzamts Kleve[4] vor, aus der sich ergibt, dass B im Inland eine Zweigniederlassung unterhält. Nach Abnahme der Bauleistung überweist I dem B den Rechnungsbetrag i. H. v. 200.000 EUR zzgl. 38.000 EUR Umsatzsteuer. Bei einer Prüfung stellt das für I zuständige Finanzamt fest, dass B unter der Anschrift der Zweigniederlassung unbekannt ist und die Bescheinigung des Finanzamts Kleve gefälscht war.
I hat von B eine in Deutschland steuerbare Werklieferung erhalten[5], die im Inland auch steuerpflichtig ist. Da der leistende Unternehmer ein ausländischer Unternehmer ist, hätte I die Umsatzsteuer berechnen und an sein Finanzamt abführen müssen.[6] Ein Vorsteuerabzug aus der Eingangsrechnung steht I nicht zu, da es sich um unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG handelt. Soweit I aber auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht hätte erkennen können, dass die Bestätigung gefälscht ist, müsste ihm zumindest für die Nichtanwendung des Reverse-Charge-Verfahrens ein Vertrauensschutz gewährt werden.
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