rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Befugnis der Oberfinanzdirektion zur Weitergabe von Eintragungen im Bundeszentralregister sowie von Auskünften der Staatanwaltschaft über den Beratungsstellenleiter an den Lohnsteuerhilfeverein

 

Leitsatz (redaktionell)

In dem Verfahren über den Antrag eines Lohnsteuerhilfevereins auf Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein und auf Eintragung der Beratungsstelle ist die OFD nicht befugt, dem Lohnsteuerhilfeverein den Beratungsstellenleiter betreffende Eintragungen im Bundeszentralregister sowie den Inhalt von bei der Staatsanwaltschaft eingeholten Auskünften über den Beratungstellenleiter zu offenbaren (hier: Einstellung von zwei gegen den Beratungsstellenleiter wegen Verleumdung und Bedrohung eröffneten Strafverfahren infolge Schuldunfähigkeit des Beratungsstellenleiters).

 

Normenkette

DVLStHV § 4b Abs. 1-2; AO § 30 Abs. 4 Nr. 1, § 121 Abs. 1; BZRG § 30 Abs. 5, § 44; StBerG § 164a

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Offenbaren der Eintragungen im Bundeszentralregister und des Inhalts der von der Staatsanwaltschaft … erteilten Auskunft gegenüber dem Lohnsteuerhilfeverein im Bescheid vom 12. April 1999 rechtswidrig war.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Lohnsteuerhilfeverein M. e.V. beantragte bei der Beklagten (der Oberfinanzdirektion – OFD –) die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein sowie die Eintragung der bis dahin einzigen Beratungsstelle, zu deren Leiter der Kläger bestellt worden war, in das bei der OFD geführte Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine. Mit Bescheid vom 12. April 1999 lehnte die OFD die Eintragung der Beratungsstelle mit der Begründung ab, daß sich aus dem Führungszeugnis Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers als Beratungsstellenleiter ergäben; es wurde ausgeführt, daß laut Auskunft der zuständigen Staatsanwaltschaft zwei gegen den Kläger eröffnete Strafverfahren wegen Verleumdung und Bedrohung wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden seien.

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen das Offenbaren der Eintragungen im Bundeszentralregister und des Inhalts der von der Staatsanwaltschaft … erteilten Auskunft gegenüber dem Lohnsteuerhilfeverein M e.V. im Bescheid vom 12. April 1999. Er trägt im wesentlichen vor, es sei nicht erforderlich gewesen, die Angaben über die Strafverfahren in den o.g. Bescheid aufzunehmen; dies habe einzig der Verunglimpfung seiner Person gedient. Es bestehe kein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung. Diese sei auch nicht durch die Vorschrift des § 30 Abs. 4 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gedeckt.

– Der Kläger beantragt festzustellen, daß das Offenbaren der Eintragungen im Bundeszentralregister und des Inhalts der von der Staatsanwaltschaft … erteilten Auskunft gegenüber dem Lohnsteuerhilfeverein im Bescheid vom 12. April 1999 rechtswidrig war.

– Die OFD beantragt Klageabweisung.

Sie sei aufgrund des in § 121 Abs. 1 AO 1977 normierten Begründungserfordernisses und im Hinblick darauf, daß dem Lohnsteuerhilfeverein effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) zu gewähren gewesen sei, verpflichtet gewesen, den Ablehnungsbescheid eingehend zu begründen. Die Begründung müsse den Betroffenen in die Lage versetzen, seine Rechte zu verteidigen. Gegenüber diesen hochrangigen Rechten des Vereins müsse das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung zurücktreten.

Die Vorschrift des § 44 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) gelte nach der Kommentierung in Götz/Tolzmann, BZRG, 4. Aufl., § 44 Rz. 5 nur für die Weitergabe von Informationen über Registerdaten innerhalb einer Behörde und könne somit im Streitfall keine Anwendung finden. Die dem Streit zugrunde liegende Rechtsfrage sei unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 1995 VII R 5/94, BFHE 179, 529, BStBl II 1996, 171, 176 a.E. klärungsbedürftig und mithin von grundsätzlicher Bedeutung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung (vgl. Gräber/von Groll, FGO, 4. Aufl., § 41 Anm. 29, m.w.N.).

2. Die Klage ist auch begründet.

a) Das Offenbaren des Registerinhalts durch die OFD war rechtswidrig.

Gemäß § 4 b der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Lohnsteuerhilfevereine hat der Lohnsteuerhilfeverein der OFD die Bestellung eines Beratungsstellenleiters mitzuteilen. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift sind der Mitteilung die dort genannten Bescheinigungen und Erklärungen des Beratungsstellenleiters beizufügen; u.a. hat der Beratungsstellenleiter bei der Meldebehörde die Erteilung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der zuständigen Behörde zu bea...

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