Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen für die Erstausstattung einer Apotheke gem. § 4 Abs. 4a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schuldzinsen, die in Zusammenhang mit der langfristigen Finanzierung der Erstausstattung des Warenlagers einer Apotheke und damit von Umlaufvermögen bei Unternehmensgründung zusammenhängen, sind verfassungsgemäß im Falle von Überentnahmen dem Gewinn hinzuzurechnen.

2. Bei der Berechnung des Schuldzinsenabzugs gem. § 4a Abs. 4a EStG bleibt nur die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nach Satz 5 der Vorschrift, aber nicht auch ausnahmsweise solcher des Umlaufvermögens unberührt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4a; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2011; Aktenzeichen III R 60/09)

BFH (Urteil vom 27.10.2011; Aktenzeichen III R 60/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen für die Erstausstattung einer Apotheke.

Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 eine Apotheke. Sie ermittelt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Im Jahr 1996 nahm sie Kredite in Höhe von DM 500.000 auf, mit denen sie Anlagevermögen von DM 377.903 finanzierte. Den übrigen Teil verwendete sie zur Erstausstattung ihres Warenlagers. In ihrer Bilanz setzte die Klägerin Zinsen in Höhe von DM 20.282 als betriebliche Aufwendungen an.

Der Beklagte führte für die Jahre 2002 bis 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Dabei ging die Prüferin davon aus, dass die Klägerin DM 125.000 für die Erstausstattung ihres Warenlagers aufgewendet hat. Ferner gelangte sie zu der Auffassung, dass betriebliche Schuldzinsen in Höhe von EUR 3.513 nicht abzugsfähig seien, da es sich nicht um Anlagevermögen gehandelt habe. Von den aufgewendeten Zinsen von DM 20.282 seien DM 14.719 als Investitionsdarlehenszinsen anzusehen, die Differenz sei um den Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG von EUR 2.050 zu vermindern, sodass ein Betrag von EUR 3.513 hinzuzurechnen sei (vgl. im Einzelnen Prüfbericht vom 8. Januar 2007, Prüfungsakte). Mit Bescheid vom 31. Januar 2007 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 21. November 2003 und setzte die Einkommensteuer 2002 auf EUR 21.150 fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch mit der Begründung ein, dass nach dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG auch die Einrichtung eines Warenlagers als eine betriebsnotwendige Investition begünstigt sei. Daher sei bei Erstausstattungen über den Wortlaut der Vorschrift hinaus ein Abzug geboten. Das erste Warenlager habe eher den Charakter von Anlagevermögen. Ziel von § 4 Abs. 4a EStG sei die Verhinderung von Mehrkontenmodellen und damit die Trennung von privaten und betrieblichen Schuldzinsen. Hier liege klar eine betriebliche Veranlassung vor. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2008 zurück. Es läge eine Überentnahme vor. Ferner sei die Erstausstattung der Apotheke Umlaufvermögen. Dieses sei nicht dauerhaft dem Betrieb zu dienen bestimmt.

Die Klägerin trägt vor, dass der Gesetzgeber ungewollt die Anschaffung des ersten Warenlagers nicht wie Anlagevermögen begünstigt habe. Für den Betriebsinhaber sei die Anschaffung von Anlagevermögen und der Erstausstattung von Waren gleichermaßen langfristig zu finanzieren, da zu Beginn der Tätigkeit regelmäßig ausreichende Liquidität nicht vorhanden sei. Die Gefahr einer verstärkten betrieblichen Fremdfinanzierung bei gleichzeitigen hohen privaten Entnahmen bestehe vorliegend nicht. Es liege eine Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG über den Wortlaut hinaus rechtfertige. Anderenfalls würden betrieblich veranlasste Schuldzinsen ohne ausreichenden Grund nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen werden, was zu einem Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip und damit gegen Art. 3 GG führen würde. Als Apothekerin sei sie gesetzlich zum Vorhalten von einem Grundsortiment an Medikamenten verpflichtet. Damit stehe dieses wie Anlagevermögen dem Betrieb dauerhaft zur Verfügung. Im Übrigen seien bei Existenzgründern Überentnahmen zwangsläufig, da sie in der Anfangsphase kaum Gewinn machen könnten.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 31. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2008 dahingehend zu ändern, dass weitere betriebliche Schuldzinsen von EUR 3.513 berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Einspruchsentscheidung sowie auf den Umstand, dass der Abzug betrieblich veranlasster Ausgaben nur deshalb eingeschränkt sei, weil die Klägerin Überentnahmen getätigt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Einkommensteuer-, der Prüfungs- und der Rechtsbehelfsakte sowie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 18. März 2009 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage is...

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