Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsvereinbarung als Scheingeschäft bei Verkauf von Beteiligungen durch eine Stadt an ihre Tochter-GmbH und Umwandlung der Kaufpreisforderung in ein verzinsliches Gesellschafterdarlehen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäftes einig sind.

2. Hat eine Kommune einer 100%igen Tochter-GmbH Beteiligungen verkauft und den Kaufpreis in ein verzinsliches Darlehen an die GmbH umgewandelt, das erst in unbestimmter Zeit, frühestens aber nach fünf Jahren zurückgefordert werden konnte, und ist die GmbH auch nicht zur sofortigen Zahlung des Kaufpreises bzw. zur Bedienung von Zinsverbindlichkeiten in der Lage gewesen, so handelt es sich bei der zwischen der GmbH und der Kommune vereinbarten Verzinsung um ein Scheingeschäft, so dass die im Jahresabschluss der GmbH ergebnismindernd eingebuchte Zinsrückstellung das zu versteuernde Einkommen der GmbH nicht mindern darf, wenn sich aus der Gesamtschau der Indizien, d. h. dem Inhalt des Darlehensvertrages, der vor Abschluss des Darlehensvertrages geführten Korrespondenz und dem tatsächlichen Verhalten der GmbH und ihrer Gesellschafterin nach Abschluss des Vertrages ergibt, dass die Vertragsparteien tatsächlich kein verzinsliches Darlehen vereinbaren wollten, sondern eher eine Stundung des Kaufpreises oder eine Sacheinlage der Beteiligungen (im Streitfall: u. a.unterlassene vertragsgemäße Durchführung des Darlehensvertrags, Vereinbarung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein bereits kurz nach Abschluss des Darlehensvertrags, freie Einflussmöglichkeit der Stadt auf die Bedienung des Darlehens).

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; AO § 41 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.10.2010; Aktenzeichen I B 190/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen des Körperschaftsteuerbescheides 1997, ob ein der Klägerin von ihrer alleinigen Gesellschafterin gewährtes Darlehen anzuerkennen ist.

Die Stadt X (im Folgenden: Gesellschafterin) beabsichtigte – wie in der Ratsversammlung vom 23. Oktober 1996 beschlossen –, eine Holdinggesellschaft zu gründen, die Anteile an drei städtischen Unternehmen, der A X GmbH (im Folgenden: AX), der B X GmbH (im Folgenden: BX) und der C X GmbH (im Folgenden: CX) halten sollte, an denen sie beteiligt war.

Die Gesellschafterin hatte an der AX, der BX und der CX folgende Gesellschaftsanteile:

  • AX: Stammkapital DM 150.000, Anteil Gesellschafterin: DM 112.000,

    Wert des Anteils laut Gesellschafterin: DM 252.000.000

  • BX: Stammkapital DM 41.700.000, Anteil Gesellschafterin: DM 25.000.000,

    Wert des Anteils laut Gesellschafterin: DM 402.600.000

  • CX: Stammkapital: DM 20.000.000, Anteil Gesellschafterin: DM 16.600.000,

    Wert des Anteils laut Gesellschafterin: DM 84.494.000

Der Beklagte erkannte die Gründung einer Holding mit verbindlicher Auskunft vom 14. März 1997 an. Dem vorausgegangen war ein entsprechender Antrag der Gesellschafterin, in dem sie unter Darlegung der Gründe darstellte, in welcher Form die Gründung, die Übertragung von Gesellschaftsanteilen sowie die Finanzierung im Falle des Kaufes der Anteile geplant war.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 16. Mai 1997 wurde die Klägerin, eine GmbH, gegründet, deren Gegenstand das Halten von Beteiligungen und die Wahrnehmung der Rechte aus diesen Beteiligungen an kommunalen Unternehmen ist. Das Stammkapital der Klägerin betrug DM 1.000.000 und wurde am 28. Mai 1997 als Bareinlage erbracht. Alleinige Gesellschafterin war die Stadt X.

Mit notariellem Vertrag vom 13. November 1997 übertrug die Gesellschafterin ihre Anteile an der AX, der BX und der CX auf die Klägerin. Die Anteile an der AX verkaufte die Gesellschafterin für DM 252 Millionen und die Anteile an der BX für DM 402,6 Millionen. Von dem Gesamtkaufpreis für die Anteile an der BX und AX in Höhe von DM 654,6 Millionen erließ die Gesellschafterin der Klägerin DM 100 Millionen. Der Restkaufpreis in Höhe von DM 554,6 Millionen wurde in ein Darlehen der Gesellschafterin an die Klägerin umgewandelt, das mit 6%, zu entrichten jeweils am Ende eines Kalenderjahres, zu verzinsen war. Das Darlehen konnte mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden, erstmals jedoch zum 31. Dezember 2002. Als Sicherheit verpfändete die Klägerin die Geschäftsanteile an der BX und AX.

Mit Vertrag vom 28. Januar 1999, nach vorausgegangenem Beschluss des Stadtrates vom 16. Dezember 1998, vereinbarte die Gesellschafterin mit der Klägerin einen Verzicht auf die Darlehensforderung einschließlich der Zinsen mit Besserungsabrede, da die Klägerin nicht in der Lage sei, das Darlehen zu bedienen. Der Verzicht erfolgte unter der auflösenden Bedingung, dass keine Gefährdung der Forderungen der Gesellschafterin aus dem ...

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